RWE will Hambacher Forst abholzen

Gefährlicher Wald

Von Bernd Müller

Der Energiekonzern RWE will den Hambacher Forst abholzen. Die Politik unterstützt das Unternehmen dabei. Inzwischen sperrte die Polizei das gesamte Gebiet ab und erklärte es zum „gefährlichen Ort“. Umweltschützer stellen sich dem Konzern entgegen – auch mit militanten Aktionen.

In den letzten Wochen wurde dem Konzern ein Vorschlag unterbreitet: Solange die „Kohlekommission“ in Berlin tagt und an einem Plan für Ausstieg aus der Kohleverstromung arbeitet, solle RWE auf das Abholzen des Waldgebietes verzichten. RWE lehnte ab und Politiker sprangen dem Unternehmen zur Seite. Die Genehmigung sei erteilt und RWE habe einen Rechtsanspruch auf die Abholzung. Neuen Forderungen nach einem Aufschub der Arbeiten hat das Unternehmen wieder eine klare Absage erteilt.

Der Leiter der Tagebauplanung des Unternehmens, Harald Marx, hatte einem Bericht des WDR am 1. September zufolge gesagt, der Wald müsse so oder so weichen. Selbst bei einem sofortigen Stopp der Braunkohleförderung. Das habe technische Gründe. Der wichtigste Grund dürfte die steile Böschung des Tagebaus sein. Um sie langfristig zu stabilisieren, müsste sie stark abgeschrägt werden. Dafür bedarf es allerdings großer Flächen, und der Hambacher Forst sei dafür die einzige Möglichkeit, so Marx. Immerhin würden rund zwei Milliarden Kubikmeter Material gebraucht, die nicht mit Lastkraftwagen angeliefert werden könnten. Die benötigte Menge entspräche rund 150 Millionen LKW-Ladungen.

Indessen wirft der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) dem Energiekonzern vor, „alternative Fakten“ zu verbreiten und gegen Auflagen zu verstoßen. Der BUND in Nordrhein-Westfalen hat mehrmals nachgewiesen, dass es keine akute Notwendigkeit zur Durchführung von Rodungen gibt. Neue Messungen zeigten, dass der Tagebau noch weit vom Waldgebiet entfernt ist. Demnach hat RWE einen Spielraum von mindestens zwei bis drei Jahren, bis neue Rodungen in Rede stehen.

Dazu erklärte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND: „Wir fordern RWE auf, sich an einer konstruktiven Lösung des Konflikts zu beteiligen und die Rodungen zu unterlassen. Zentrale Behauptungen des Konzerns lösen sich bei näherer Betrachtung in Luft auf. Selbst angegebene Abstände der Kohle-Bagger zum Wald sind ersichtlich falsch. Wir fordern RWE auf, zu den Tatsachen zurückzukehren und den Konflikt nicht weiter zu verstärken.“ Der BUND-Vorsitzende appelliert zugleich an die Bundesregierung und die NRW-Landesregierung, sich dafür einzusetzen, dass RWE keine Fakten schafft: „Die Verantwortlichen in den Regierungen dürfen sich nicht in den Dienst von RWE stellen.“

Das tun aber Union und Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen. Die SPD-Landtagsfraktion in NRW ist sich mit Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) einig: Die umstrittene Rodung des Hambacher Forstes soll nicht aufgeschoben werden. RWE habe das Recht, selbst zu entscheiden, ob es von der Rodungsgenehmigung Gebrauch mache, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty am vergangenen Freitag. Laschet hatte zuvor die Vermittlung in dem aufgeheizten Konflikt abgelehnt.

Die Polizei hat das Waldgebiet letzten Freitag zum „gefährlichen Ort“ erklärt. Damit kann sie stärker gegen die Waldbesetzer und deren Unterstützer vorgehen. Ohne besonderen Anlass kann sie nun zum Beispiel jeden Menschen ohne besonderen Anlass kontrollieren. Kann dann die Identität einer Person nicht festgestellt werden, darf diese bis zu zwölf Stunden im Polizeigewahrsam festgehalten werden.

Als Begründung für diese Maßnahme wurden Attacken auf Polizisten genannt. Zudem seien aus dem Wald heraus Straftaten von erheblicher Bedeutung verabredet, vorbereitet oder verübt worden, sagte eine Polizeisprecherin letzten Freitag. Auf der alten Trasse der A4 seien die Beamten von Unbekannten mit Steinen beworfen worden. Außerdem sei mit Zwillen auf sie geschossen worden. Verletzt worden sei dabei niemand, nur ein Fahrzeug der Polizei sei beschädigt worden. Die Angreifer seien danach unerkannt wieder in den Wald geflohen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Gefährlicher Wald", UZ vom 7. September 2018



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit