Moskau reagiert mit einer Note und erinnert an den Ausgang des Zweiten Weltkrieges

Kramp-Karrenbauer droht Russland mit Atomkrieg

Am vergangenen Samstag reagierte Moskau auf die Atomkriegsdrohungen der Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gegen Russland. Die deutschen Leitmedien hatten die bis dahin ignoriert. Am Sonntag aber kritisierte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich gegenüber „DPA“ die Ministerin. Am Montag informierte schließlich auch die „FAZ“ ihre Leser auf Seite eins über das, was die Ministerin gesagt hatte.

Mützenich hatte erklärt: „Die jüngsten Gedankenspiele der Verteidigungsministerin zum Einsatz von Nuklearwaffen in einem Konflikt mit Russland sind verantwortungslos.“ Kramp-Karrenbauer hatte am 21. Oktober in einem Interview im „Deutschlandfunk“ gefordert, die NATO müsse gegenüber Moskau deutlich machen, dass sie bereit sei, Atomwaffen einzusetzen. Das sei der Sinn der Abschreckungsdoktrin und „der Kerngedanke der NATO“. Als guter Sozialdemokrat und Koalitionspartner relativierte Mützenich seine Kritik sofort und zog sich auf Äquidistanz zurück. Er behauptete wider Wissen: „Frau Kramp-Karrenbauer unterscheidet sich leider nicht von den ebenso haltlosen Drohungen der russischen Seite.“ Die gibt es jedoch nicht, also arbeitete sich Mützenich weiter an Kramp-Karrenbauer ab. Er warf ihr vor, mit an einer „Eskalationsschraube“ zu drehen, und räsonierte: „Mir ist schleierhaft, ob die Ministerin auch an die noch in Deutschland lagernden Atomwaffen gedacht hat.“ Die Saarländerin solle die künftige Bundesregierung nicht „belasten“.

Den „Masterplan“ der NATO zur Abschreckung Russlands, den die Minister des Kriegspaktes einschließlich Kramp-Karrenbauer bei ihrem Treffen am 21. und 22. Oktober verabschiedet haben, hält Mützenich offenbar nicht für eine Belastung, jedenfalls erwähnte er ihn nicht. Kramp-Karrenbauer äußerte sich aber exakt im Sinn dieses Plans, der einer Vorbereitung zum Angriff gleichkommt.
Im Übrigen machte das Bundeskanzleramt Mützenich am Montag durch Regierungssprecher Steffen Seibert kühl darauf aufmerksam, die „Notwendigkeit“ atomarer Abschreckung sei so im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD von 2018 festgehalten.

Moskau nahm die Provokation Kramp-Karrenbauers, die noch die der NATO übertraf, nicht einfach hin. Die Nachrichtenagentur „Tass“ zitierte am Sonnabend den Verteidigungsminister der Russischen Föderation, Sergej Schoigu, der erklärte: „Vor dem Hintergrund von Rufen nach einer militärischen Abschreckung Russlands verlegt die NATO konsequent Truppen an unsere Grenzen. Wie das für Deutschland und Europa schon einmal ausgegangen ist, sollte die Verteidigungsministerin der BRD wissen. Gemeinsame Sicherheit in Europa kann es nur dann geben, wenn die Interessen Russlands nicht verletzt werden. Aber zu einem gleichberechtigten Dialog über dieses Thema ist die NATO heute nicht bereit.“ Hinzu komme, „dass die Umsetzung des Abschreckungsplans der NATO in Afghanistan in einer Katastrophe endete, mit der jetzt die ganze Welt befasst ist“. Am Montagabend berichtete die Nachrichtenagentur „Interfax“ außerdem, der Militärattaché der deutschen Botschaft in Moskau sei ins russische Verteidigungsministerium bestellt worden, um die Aussagen der deutschen Ministerin zu erörtern. Man habe dem Diplomaten eine Note überreicht und festgehalten, „dass solche Äußerungen eine Zunahme der Spannungen in Europa hervorrufen und nicht zur Normalisierung der Lage beitragen“.

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"Kramp-Karrenbauer droht Russland mit Atomkrieg", UZ vom 29. Oktober 2021



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