Erfahrungen der DKP Frankfurt am Main in der Arbeit am Klinikum

Kreativität gefragt

DKP Frankfurt am Main

Wir haben uns entschieden, euch von unseren Erfahrungen am Klinikum in Frankfurt zu berichten, nicht weil wir glauben, dass wir da so besonders erfolgreich wären, sondern weil wir keine Genossinnen und Genossen in diesem Betrieb haben und auch in ver.di schlecht verankert sind.

Wenn wir Tarifkämpfe oder Belegschaftsauseinandersetzungen begleiten wollen, stellen wir uns die Frage: Wie können wir das Klassenbewusstsein vo-ranbringen? Das ist eine gute Frage, das ist eine richtige Frage. Unsere Erfahrung ist: Das reicht nicht. Wir müssen auch überlegen: Wie können wir den Kampf so unterstützen, dass die Kolleginnen und Kollegen das als Unterstützung erfahren? Es ist trivial, aber nicht so leicht zu machen. Unsere Erfahrungen an kleinen Punkten: Es lohnt sich, früher aufzustehen als die Gewerkschaft. Ein wesentlicher Punkt bei uns war: Wir waren früher mit dem Kaffee und den Brezeln da, also waren die Kolleginnen und Kollegen bei uns am Stand, haben mit uns diskutiert. Zweite Erfahrung: Solidaritätsreden haben wir vorher angefragt, und es ist für die Gewerkschaftsfunktionäre, selbst wenn sie uns wohlgesonnen sind, schwer, uns das als DKP zuzusagen. Sich vorzubereiten, „spontan“ vor Ort eine Rede zu halten, auf den Kundgebungen, auf den Demonstrationen, ist viel leichter, weil die Kolleginnen und Kollegen das einfordern. Wenn da jemand eine Solidaritätserklärung halten will, dann kriegt man die auch da gehalten. Das ist viel leichter.

Um mit den Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch zu kommen, eine der Hauptschwierigkeiten, die wir haben, kann es gut funktionieren, eine kleine Umfrage zu machen: Für welche Forderungen gehst du auf die Straße? Was ist dir am wichtigsten? Was ist das größte Problem auf deiner Station?

Oder: Wärst du bereit, ein kurzes Interview für die UZ zu machen? Wir wollen einen Bericht schreiben, wir wollen Öffentlichkeit schaffen für euch, wir haben eine Zeitung, und wir wollen gerne ein paar Infos haben. Als UZ-Reporterin oder UZ-Reporter aufzutreten ist da ein super Einstieg.

Wir haben auch gute Erfahrungen damit gemacht, kreative Aktionen zu machen. Gemeinsam mit der SDAJ haben wir Geldsäcke gesammelt, haben ausgerechnet, wieviel wird für Rüstung und Krieg ausgegeben, wieviel wird für Gesundheit, Bildung, Soziales ausgegeben, und haben das einfach mal dargestellt. Erst haben wir die Kolleginnen und Kollegen gebeten, das so zu verteilen, wie sie meinen, die aktuelle Aufteilung ist. Und wir haben es dann umgelegt und haben gezeigt, wie es tatsächlich ist. Die Empörung war riesig. Die Zustimmung für unsere Forderungen auch. Gleichzeitig war die Verbindung zur Friedensfrage sehr einfach hergestellt.

Das Ganze geht natürlich nicht ohne Probleme und Rückschläge vonstatten. Wir hatten Genossen aus Essen, aus dem Uni-Klinikum, eingeladen zu einer Veranstaltung, die hervorragend war, für uns total lehrreich. Leider haben wir es nicht geschafft, Kolleginnen und Kollegen aus dem Klinikum dahin zu mobilisieren. Für das Solidaritätsbündnis aus Ehrenamtlichen, das den Kampf um Entlastung unterstützen sollte, hat der lange Atem gefehlt. Das Bündnis hat seine Arbeit wieder eingestellt. Trotzdem, im Ergebnis ist es uns als DKP gelungen, uns einen guten Namen unter dem streikenden Teil der Belegschaft zu machen. Bei einer der Spontanreden, die wir gehalten haben auf einer Streikkundgebung, hat unsere Genossin sich vorgestellt und gesagt: Hallo, ich bin von der DKP –Applaus brandete auf, bevor sie überhaupt irgendetwas gesagt hatte. Eine Kollegin, politisch und gewerkschaftlich nicht organisiert, hat ein Buch über ihre Arbeit als Pflegerin und alleinerziehende Mutter geschrieben. So was wie eine moderne Arbeiterkorrespondenz. Darin hat sie uns erwähnt. Sie schreibt: „Zusammen mit vielen meiner Kollegen und Kolleginnen war ich bei einer Protestaktion der ver.di aktiv. Die DKP und die SDAJ waren aus Solidarität dabei. Ich persönlich als Pflegefachkraft bin der DKP und der SDAJ für ihre Solidarität dankbar.“ Das reicht natürlich nicht aus, ist aber ein kleiner Erfolg und ein guter Ansatzpunkt. Das Zwischenfazit nach fünf Kleinzeitungen, vielen, vielen Flugblättern, vielen Verteilungen, kleinen Aktionen, vielen Materialien und Anwesenheit bei allen Streiks: es braucht Zeit, es braucht einen langen Atem, es braucht aber auch Kreativität und es reicht nicht, einfach nur irgendwie mit einem Flyer dazustehen. Das ist gut, aber für Kontakte braucht es mehr.

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"Kreativität gefragt", UZ vom 14. April 2023



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