Kultursplitter

Von Herbert Becker

Kinokassen klingeln

Das Superheldenepos „Avengers: Endgame“ hat einen Kassenrekord in den Kinos aufgestellt: Geschätzte 644 Millionen Dollar (577 Millionen Euro) spielte die Disney-Produktion seit Mittwoch vor einer Woche weltweit ein – ein solches Ergebnis erzielte bisher noch kein neuer Film in den ersten Tagen. Die Erwartungen des Medienkonzerns wurden nach dem ersten Wochenende noch übertroffen: Weltweit wurden mehr als eine Milliarde Doller über die Kinokassen geschoben. In Deutschland sorgte „Endgame“ nach Angaben von Disney ebenfalls für gute Ergebnisse. Dort hätten am ersten Tag mehr als 450 000 Zuschauer den Film in den Kinos gesehen, die spülten über 5 Millionen Euro in die Kassen. Dieses Spiel mit dem Wunsch vieler junger Menschen, ob männlich oder weiblich, nach enormen Kräften, die es erlauben, sich mit dem Bösen anzulegen, wird in gewohnter Hollywoodmanier bedient. Das Gerede vom Ende des Kinos, es würde durch das Streaming, die ständige Verfügbarkeit von Filmen, abgelöst, stimmt nicht. Kino wird noch immer als ein Event geschätzt, den man gerne mit anderen wahrnehmen will. Ganz nebenbei schoss die Aktie des Disney-Konzerns auf ein neues Rekordhoch von fast 140 Dollar.

Endlich zweite Bühne

Das Berliner Ensemble, gegründet von Bertolt Brecht und Helene Weigel im Jahr 1954, bekommt nach langem Drängen und Feilschen endlich eine zweite Spielstätte. Bisher musste man mit einer Bühne auskommen, manche Inszenierung blieb nicht lange auf dem Spielplan, da die nächsten Stücke auch aufgeführt werden sollten. Den Spielplan zu reduzieren war dann oft die schlechte Lösung, das Ausweichen auf die Probebühne konnte nicht über den provisorischen Charakter hinwegtäuschen: „Ein Monstrum“ nannte Helene Weigel die Probebühnen, „keine ordentliche Belüftung, papierdünne Wände, ein unbrauchbarer Raum in Zimmerhöhe mit fest zementierten Sockel.“ Bis zum Herbst wird ein älteres Nebengebäude des Theaters am Schiffbauerdamm umgebaut. Bisher musste auf einer provisorischen zweiten Bühne gespielt werden und manche der Intentionen, die Brecht/Weigel und ihre Nachfolger umsetzen wollten, ließen sich dort nicht so richtig umsetzen. Das neue Haus soll am 19. September dieses Jahres eröffnet werden. In der neuen Spielzeit sind 14 Premieren geplant, angekündigt wird unter anderen von Frank Castorf eine Bühnenfassung des Romans „Fabian“ von Erich Kästner.

Propaganda-Sender

Die Deutsche Welle, der Propagandasender der Bundesregierung für das Ausland, startet mit drei weiteren Auslandssendern einen Youtube-Kanal für das türkische Publikum. Mit der britischen BBC, der französischen Anstalt France24 und dem US-Sender „Voice of America“ berichtet die DW ab sofort aus Istanbul. Mit dem US-amerikanischen Partner holt man sich die Richtigen mit ins Boot. Die US-Regierung setzt seit der Gründung des Senders 1942 auf gezielte Desinformationskampagnen, auf Unterstützung oppositioneller Kreise im jeweiligen Land (wenn sie für „Freedom and Democracy“ eintreten). Die ideologische Anbindung der „Deutschen Welle“ an diese „Freunde“ lässt nichts Gutes erwarten. Die offiziellen Sprüche, dass das Ziel „eine unabhängige, glaubwürdige Berichterstattung und die Stärkung von Meinungsfreiheit und -vielfalt“ sei, kommen bei Erdogan bestimmt gut an. Wie lange er sich das Projekt +90 (benannt nach der internationalen Vorwahl für die Türkei) wohl gefallen lässt und wann er zum ersten Mal abschalten lässt? Der Protest gegen seine Politik der Einschüchterung, der Inhaftierung von Journalisten und dem Verbot missliebiger Zeitungen und Zeitschriften ist wichtig und richtig, ob aber dieses Vorhaben der vier Sender geeignet ist, sich aktiv in die Kämpfe einzubringen, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.

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Über den Autor

Herbert Becker (Jahrgang 1949) hat sein ganzes Berufsleben in der Buchwirtschaft verbracht. Seit 2016 schreibt er für die UZ, seit 2017 ist es Redakteur für das Kulturressort.

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"Kultursplitter", UZ vom 3. Mai 2019



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