Verbotene Demonstrationen verlaufen weitgehend friedlich

Leipzig: Proben für den Bürgerkrieg

Damit die Prophezeiungen von Medien und Politik in Erfüllung gingen, hatten Behörden und Polizei alle Hände voll zu tun: Bilder von brennenden Mülleimern in Leipzig belegen die Gefahr linksextremistischen Terrors. Mit einer Allgemeinverfügung hatte die Stadt Leipzig jegliche Demonstrationen verboten, die im Zusammenhang mit den Verurteilungen im „Antifa-Ost“-Prozess standen. Begründet wurde dies mit Aufrufen in den sogenannten sozialen Medien, in denen zu Sachbeschädigungen aufgerufen wurde. Hinzugezogen wurden Erkenntnisse des „Verfassungsschutzes“.

In der Nacht zu Samstag war es zu kleineren Zwischenfällen zwischen Demonstranten und den bundesweit zusammengezogenen Polizeikräften gekommen. Samstagnachmittag, 16.45 Uhr, meldete der „Mitteldeutsche Rundfunk“ in seinem Liveticker: „Nach Einschätzung von MDR-Reportern und der Polizei ist die Lage bis zum Nachmittag ‚weitgehend ruhig‘ geblieben.“ Das durfte nicht so bleiben. Für den frühen Abend war am Alexis-Schumann-Platz eine Demonstration genehmigt worden. Nach und nach fanden sich dort Tausende ein. Die einen wollten gegen Polizeigewalt demonstrieren oder ihre Solidarität ausdrücken, ein anderer Teil kam vermummt, bewaffnet und mit schwerem Gerät. Mehrere Wasserwerfer standen bereit. Über eine Stunde wurde verhandelt, die Demo durfte nicht loslaufen. Stattdessen provozierte die Polizei die über tausend Menschen, die in praller Sonne ausharrten: Immer wieder stürmten Polizeitrupps brutal in die Menge und zogen Einzelne wegen Böller- oder Flaschenwürfen heraus.

Um 18.31 Uhr zitiert der „MDR“ die Polizei: „Unsere Kräfte haben die Helme aufgesetzt und müssen handeln.“ Die Gewalt eskalierte. Eine gute halbe Stunde später war der Platz geräumt, 1.000 Menschen – darunter Kinder – wurden für bis zu elf Stunden von der Polizei eingekesselt. Bilanz der Polizei Leipzig: Rund 50 Polizeibeamte seien verletzt worden, drei davon so sehr, dass sie dienstunfähig seien. Angaben zur Zahl der Verletzten auf Seiten der Demonstranten machte die Polizei nicht. Bis zu 50 Personen seien in Gewahrsam genommen worden – im Verlauf des gesamten Wochenendes.

Ortswechsel: Berlin, Olympiastadion, DFB-Pokalfinale. Laut Polizei blieb es dort weitgehend friedlich, bis auf vereinzeltes Abbrennen von Pyrotechnik. „Insgesamt kam es zu 42 freiheitsbeschränkenden Maßnahmen. 36 Einsatzkräfte wurden durch Einatmen von Gasen gezündeter Pyrotechnik, den zuvor genannten Rauchgasen oder wegen Knalltraumata verletzt.“

Wie schon das gesamte „Antifa-Ost“-Verfahren zeigen auch die Vorgänge in Leipzig zum „Tag X“ worum es den Herrschenden geht: Sie nutzen alles für den reaktionären Staatsumbau, für die geschlossene Heimatfront. Ihr Staat, ihre Gewalttätigkeit werden moralinsauer heiliggesprochen – von den Grünen bis zur AfD. Dass es in Teilen der linksradikalen Bewegung Menschen gibt, die Antifaschismus mit Kneipenschlägereien durchsetzen wollen oder glauben, dass diesem Staat mit Sachbeschädigungen beizukommen ist, spielt den Herrschenden in die Hände. Um die Bekämpfung von Aufständen zu üben, die sie wirklich fürchten, müssen sie allemal herhalten. Den Rest erledigen Bezahlte und Verkleidete.

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Leipzig: Proben für den Bürgerkrieg", UZ vom 9. Juni 2023



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