Mehr als nur Rechtsschutz

Werner Sarbok im Gespräch mit Christian Sprenger

In Berlin ist die Berliner Mietergemeinschaft (BMG) die zweitgrößte Mieterorganisation. Die UZ sprach mit Christian Sprenger über ihre Arbeit.

UZ: Warum und wie sollten sich Mieter organisieren?

Christian Sprenger engagiert sich in der Lichtenberger Bezirksgruppe der BMG und ist Mitglied der DKP.

Christian Sprenger engagiert sich in der Lichtenberger Bezirksgruppe der BMG und ist Mitglied der DKP.

Christian Sprenger: Spätestens wenn die Kapitalisten ihr Geld verstärkt in „Betongold“ anlegen, weil hier Höchstprofite winken, sollte jeder Mieter Mitglied einer Mieter-Schutzorganisation sein. Derer gibt es verschiedene, von konsensorientierten bis zu kämpferischen. Alle bieten juristische Beratung sowie eine Art Rechtsschutzversicherung für Streitigkeiten mit dem Vermieter. Die meisten dieser Vereine beschränken sich allerdings darauf – nicht so die BMG.

UZ: Welches Selbstverständnis hat die BMG und wie arbeitet sie?

Christian Sprenger: Die BMG stellt sozialistische Grundforderungen wie das Recht auf Wohnen oder den Neuen Kommunalen Wohnungsbau. Sie gibt das „Mieterecho“ heraus, eigentlich das Vereinsblatt, tatsächlich jedoch das bundesweit wohl kämpferischste mietenpolitische Fachmedium. Hier behandelt die Redaktion alle zwei Monate verständlich und kompetent je ein aktuelles Spezialthema. Und dann hat die BMG, mit ca. 26 000 Mitgliedern eine Massenorganisation, in vielen Berliner Stadtteilen Bezirksgruppen.

Diese bestehen aus „einfachen“ Mitgliedern, die anfangs meist selbst Probleme mit dem Vermieter hatten und sich mittlerweile regelmäßig öffentlich treffen, um im Sinne der BMG politisch zu arbeiten. Die Basisarbeit besteht in der Information über die Existenz von Mieterrechten und darin, dafür zu sorgen, dass sich Mieter am besten über unsere BMG Rechtsberatung und -beistand sichern.

UZ: Welche Hilfe leistet die BMG für Mieter?

Christian Sprenger: Bei uns in Lichtenberg sollten zum Beispiel vor Jahren zahlreiche Mietwohnungen in Wohneigentum umgewandelt werden. Oder die Deutsche Wohnen (DW), ein besonders aggressiver Akteur im Stadtteil, erhöht mal wieder die Mieten. Wir organisieren in solchen Fällen Versammlungen möglichst aller betroffenen Mieter und können dazu über die BMG eine anwaltliche Rechtsberatung beisteuern. Das zieht viele Mieter an, auch unpolitische Menschen, denn dass man sich nur gemeinsam gegen Vermieter wehren kann, leuchtet allen ein. Wenngleich nicht immer gewonnen werden kann, gibt es doch häufig Erfolge, die den eigenen Geldbeutel schonen.

UZ: Wie reagieren die anderen Mieter auf eure Arbeit?

Mieterhöhungen, Privatisierungen, Gentrifizierung … Es gibt viel zu tun für Mieterschutzorganisationen.

Mieterhöhungen, Privatisierungen, Gentrifizierung … Es gibt viel zu tun für Mieterschutzorganisationen.

( Axel Kuhlmann / Lizenz: CC BY 2.0)

Christian Sprenger: Wenn wir Infostände durchführen oder als wir mal „klingelputzend“ durch einige Deutsche-Wohnen-Mietshäuser zogen, um illegalen Wohnungsleerstand zu erfassen, wirkte die Vorstellung als BMG-Mitglied als Türöffner: Die Leute waren sehr freundlich. Alle gaben uns bereitwillig Auskunft über die Situation bei ihnen im Haus. Man wird als seriös wahrgenommen, bietet klare praktische Unterstützung an und findet Gehör.

UZ: Wie bewertet ihr die Kampagne „DW enteignen“ in Berlin?

Christian Sprenger: Die Kampagne weckt viel Begeisterung, weil sie zuerst einmal gut klingt. Sie würde aber höchstwahrscheinlich gar nichts im Sinne der Berliner Mieter bewirken, im schlimmsten Fall aber zig Milliarden in die Kassen der Deutsche Wohnen AG und ihrer Aktionäre spülen. Wir dagegen wollen die Milliarden für kommunalen Wohnungsneubau in großem Stil und natürlich die politische Organisierung nicht nur der DW-Mieter, an deren berlinweiter Vernetzung wir mitgewirkt haben.

Der aktuelle Protest zahlreicher Mieter an der Karl-Marx-Allee in Friedrichshain gegen den Verkauf ihrer Wohnungen an die DW ist notwendig und wichtig.

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"Mehr als nur Rechtsschutz", UZ vom 11. Januar 2019



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