DKP-Mitglieder diskutieren über Wahlkampf

Mehrheiten und Macherstimmung

Von O. M.

Macherstimmung“ – so fasst ein Mitglied der Münchener DKP die Landesmitgliederversammlung zusammen, auf der die DKP-Bezirke Nord- und Südbayern am vergangenen Sonntag ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die Bundestagswahl bestimmten und die nächsten Schritte für den Wahlkampf diskutierten. In der Abschlussdiskussion bemerkten die Augsburger Genossen, dass für einen Wahlkampf eine gemeinsame Website für ganz Bayern nötig sei – sie hätten da etwas vorbereitet, die Versammlung war damit einverstanden, dass die Wahlkampfseite schon am folgenden Montag online gehen sollte.

In Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben die DKP-Mitglieder begonnen, den Beschluss ihres Parteitages umzusetzen und stellten Landeslisten auf. In den anderen Bundesländern haben die dafür nötigen Landesmitgliederversammlungen noch nicht stattgefunden. Der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele schätzt ein: „An den stattgefundenen Versammlungen sehen wir, in welche Richtung sich die Diskussion in der DKP entwickelt hat: Wir haben einen Beschluss, und den setzen wir gemeinsam um. Die Partei hat mit dem vergangenen Wochenende gezeigt, dass sie die Bundestagswahlen nutzen will, um mit unseren Positionen an die Massen zu gehen.“

Seit mehr als einem Jahr streiten die DKP-Mitglieder darüber, mit welcher Ausrichtung die Partei 2017 in den Wahlkampf gehen soll. Vor grundsätzlich derselben Frage standen auch die beiden DKP-Bezirke in Nordrhein-Westfalen, die am Sonntag sowohl über ihre Landesliste zu den Bundesstags- als auch zu den Landtagswahlen am 17. Mai 2017 entschieden.

„Wir haben eine ähnliche Situation wie in der Weimarer Republik: Die Rechte ist auf dem Vormarsch, die Linke ist zerstritten. Ich plädiere dafür, nicht zu kandidieren, wir sollten die Partei ‚Die Linke‘ zur Wahl empfehlen“, argumentierte eine Genossin der DKP Rheinland-Westfalen. Ein Mitglied des Bezirkes Ruhr ergänzte: „Es ist sehr wichtig, dass die Linken ins Parlament kommen“, deshalb solle die DKP die Linkspartei im Wahlkampf unterstützen. Außerdem sei die DKP so schwach, dass eine eigene Kandidatur nicht sinnvoll sei.

Diese Argumente richten die Kritiker der Parteiführung genauso gegen den eigenständigen Antritt in Nordrhein-Westfalen wie auf Bundesebene. Auch in Bayern kritisierten Mitglieder die Kandidatur auf dieser Grundlage: Das Wichtigste sei, dass die AfD nicht viele Stimmen erhält, daher solle die DKP zur Wahl der Linkspartei aufrufen. In den vergangenen Monaten haben die DKP-Mitglieder intensiv über diese Frage diskutiert, auf den bisherigen Landesmitgliederversammlungen zeigte sich, dass beide Seiten ihre Argumente deutlich formuliert haben und dieser gemeinsame Diskussionsstand die Grundlage ist, um weitere Entscheidungen zu treffen.

In NRW berichteten Teilnehmer der Versammlung von ihren Diskussionen mit Genossen der Linkspartei über den Wahlantritt der DKP. Ihre Erfahrung sei, dass die Linken in der Linkspartei – die die „Haltelinien“ der Partei ernst nehmen, nicht um jeden Preis regieren wollen und die Zusammenarbeit auf der Straße suchen – die DKP zu einer eigenen Kandidatur ermutigen. Sie sagen, so ein Düsseldorfer DKP-Mitglied: Wenn es links von der Linkspartei eine Kandidatur gibt, fällt es uns leichter, die linken Positionen unserer eigenen Partei zu verteidigen. Ein Mülheimer Mitglied wies darauf hin, dass es einen einfachen Grund gebe, nicht zur Wahl der Linkspartei aufzurufen: Diese Partei vertrete keine einheitliche Politik. Neben linken Positionen gebe es auch in NRW die „Thüringer Linie“, die in der Regierung eine ähnliche Politik wie die bürgerlichen Parteien machen will. Die Versammlung machte deutlich: Die DKP wird mit ihrem eigenständigen Wahlkampf, mit ihrem Sofortprogramm, einen Beitrag dazu leisten, linke Kräfte zusammenzuführen – denn um gemeinsam zu kämpfen braucht es eine gemeinsame inhaltliche Grundlage, die Forderungen des Sofortprogramms sind ein Angebot dazu. Nachdem die Mitglieder entschieden hatten, dass die DKP zur Landtagswahl antreten wird, diskutierten und beschlossen sie ihr Landtagswahlprogramm, das die Bezirksvorstände auf Grundlage des bundesweiten Sofortprogramms erarbeitet hatten. Nun drehte sich die Diskussion um konkrete Forderungen gegen Sanktionen für junge Hartz-IV-Empfänger und für die Rechte von Asylbewerbern.

Besonders im Bezirk Südbayern war die Kandidatur zu den Bundestagswahlen umstritten. Bei der Versammlung beider bayerischer Bezirke am Sonntag beschlossen die Teilnehmer trotzdem mit 48 zu 4 Stimmen, eine Landesliste aufzustellen, weil nur wenige Kritiker der Kandidatur überhaupt zur Versammlung gekommen waren und die Diskussion mit ihren Genossen suchten.

Die Diskussionen vom Wochenende zeigten, dass das Sofortprogramm der DKP für den kommenden Wahlkampf die richtige Grundlage ist. Die Mitglieder des Münchener Betriebsaktivs berichteten, dass sie im Oktober vier Infostände mit dem Sofortprogramm durchgeführt haben: „Die Genossen waren beeindruckt, wie gut es funktioniert hat, mit dem Programm auf die Leute zuzugehen.“ Ein Redner in NRW erzählt vom Europawahlkampf 2014: „Ich habe erlebt, wie sich Parteigruppen zusammengerauft haben. Ein Jahr, wie wir es vor uns haben, kann dazu führen, dass wir gemeinsam wieder in die Aktion gehen, dass wir in den Fußgängerzonen und Schulen Diskussionen führen. Das möchte ich wieder erleben.“

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"Mehrheiten und Macherstimmung", UZ vom 28. Oktober 2016



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