Zu israelisch-palästinensischen „Gesprächen“

Nur Verachtung

„Der Golan ist unser“ – entgegen internationalem Recht und UN-Beschlüssen hat Israel 1981 die besetzten syrischen Golanhöhen annektiert. Jetzt trat dort das israelische Kabinett zu einer Sondersitzung im Kibbutz Mevo Hama zusammen. Mehr Häuser, mehr Siedler, mehr Geld – die israelische Präsenz soll massiv ausgeweitet werden. Die syrische Regierung protestierte energisch – und wirkungslos. Für Syrien haben Israel und seine westlichen Verbündeten nur Verachtung, Bomben und Raketen. Anders als der Golan soll die Westbank vorerst nicht annektiert werden. Die Zusammensetzung der Regierung lässt das nicht zu und so bleibt es beim Status Quo. Keine Annexion, kein palästinensischer Staat – dafür weiterhin Siedlungsbau.

Für Israels Premier Naftali Bennett gibt es keine diplomatische Zusammenarbeit mit der Autonomiebehörde. Ihr und ihrem Präsidenten Mahmud Abbas bleibt als einzige Option, um überhaupt eine Bedeutung zu behalten, nur die Zusammenarbeit in sogenannten Sicherheitsfragen. Geschäftsleute und höhere Beamte der Autonomiebehörde sind die Nutznießer dieser Kooperation. Sie erhalten zusätzliche Ausnahmegenehmigungen und können damit mit dem eigenen Auto nach Israel einreisen. Selbst das ist für viele israelische Minister zu viel an Zugeständnissen.

Für Deutschland, die EU und die USA ist ein palästinensischer Staat eine vernachlässigbare Größe. Ihnen reichen „persönliche Kontakte und Gespräche über vertrauensbildende Maßnahmen“, die „entscheidend dafür sind, Spannungen abzubauen“, wie der Sprecher des Auswärtigen Amtes auf Twitter schrieb, nachdem Israels Verteidigungsminister Benjamin Gantz Ende Dezember Abbas getroffen hatte. Von einem palästinensischen Staat ist in der Realität nicht mehr die Rede. Und falls doch, dann geht es nicht um einen Staat von Palästinensern für Palästinenser, sondern um einen Staat, den die israelische Regierung für Palästinenser bildet, wie Bennett gegenüber der „New York Times“ erklärte.

Papiere, Erklärungen, persönliche Kontakte und Zusammenarbeit mit Israel gegen Hamas und den islamischen Dschihad – das ist alles, was Abbas und der Autonomiebehörde bleibt. Die Vision von einem palästinensischen Staat dient nur noch dazu, hin und wieder internationales Publikum zu befrieden. Vor Ort hat sie sich seit langem als Fata Morgana entpuppt. Und mit jedem zerstörten palästinensischen Haus rückt sie in weitere Ferne.

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"Nur Verachtung", UZ vom 7. Januar 2022



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