Airbnb verdrängt Mieter und schürt Wohnungsnot

Öl ins Feuer

Von Uwe Koopmann

Wenn zu Silvester die Sektkorken knallen, fehlen in Deutschland 1,13 Millionen Sozialwohnungen – auch weil das Wohnungsvermietungsportal „Airbnb“ in Großstädten die Mieter verdrängt. Mieterbund und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) gehen allein für Düsseldorf von 3 000 zweckentfremdeten Wohnungen aus. „Airbnb“ nennt zum Stichtag 1. Oktober 2018 für Düsseldorf 3 400 Wohnungen. „Laut einer Studie der Süddeutschen Zeitung gehen beispielsweise 2,7 Millionen Übernachtungen in der Stadt Düsseldorf jährlich auf das Konto von Airbnb. So wird mittlerweile jede 50. Wohnung in der Landeshauptstadt an Feriengäste dieses Reiseportals vermietet. Das sind rund 7 000 Wohnungen“, sagt der Deutsche Mieterbund NRW e. V. Ein Eingriff über das Wohnungsaufsichtsgesetz sei unnötig, meint hingegen „Airbnb“.

Die Verbände hoffen auf Hilfe von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Ein Gesetz gegen die Zweckentfremdung wie in Berlin oder Hamburg soll Missbrauch korrigieren. Und auf kommunaler Ebene soll eine Satzung für Entlastung sorgen. Bei Verstößen wird mit einem Bußgeld bis zu 500000 Euro gedroht. Getragen wird diese Konstruktion im Düsseldorfer Rathaus von einer Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP. Die Fraktion Die Linke hat ihre Bedenken angemeldet, weil sogar das Personal zur Kontrolle fehlen würde und für die zweckentfremdeten Wohnungen Bestandsschutz bestehen bleiben soll. Die CDU/FDP hält das Gesetz offensichtlich für so harmlos, dass sie gleich ganz darauf verzichten will. Aber auch die „Ampel“ ist ambivalent. In einer Stellungnahme der Beigeordneten Cornelia Zuschke heißt es: „Obwohl der Rat der Landeshauptstadt das Instrument einer Satzung bisher ablehnt, stellt die Zweckentfremdung von Wohnraum ein wichtiges Thema für eine zukunftsfähige Stadt- und Wohnungsmarktentwicklung in Düsseldorf dar.“

Zur gleichen Zeit werden 74000 Wohnungen auf der Grundlage bestehender Gesetze dieses Jahr der Sozialbindung entzogen. Dahinter versteckt sich die Wohnungsnot: Bis 2030 müssen zwei Millionen Sozialwohnungen gebaut werden, jedes Jahr 155000, davon 8000 Neubauten und 75000 geförderte Modernisierungen. 5,4 Prozent aller Mietwohnungen haben den Status von Sozialwohnungen, so das Pestel-Institut in Hannover. Die Untersuchung wurde von IG BAU, Deutscher Mieterbund, Caritas, dem Deutschen Baustoff-Fachhandel in Auftrag gegeben. Die IG BAU geht davon aus, dass in den Großstädten bis zu 50 Prozent der Mieter Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Seit 2011 fielen etwa 500000 Wohnungen mehr aus der Sozialbindung heraus, als neue ergänzt wurden. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln geht für Düsseldorf bis 2020 von einem Bedarf von 3 144 Wohnungen aus. Das entspricht einer Deckungsquote von 85 Prozent. Für NRW sind es 61800 (77 Prozent Deckung) und für Deutschland 341700 (83 Prozent).

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"Öl ins Feuer", UZ vom 30. August 2019



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