Das israelische Morden in Gaza geht weiter – diesmal in Rafah

Ohne Rücksicht

70 Tote und 160 Verletzte nach einem israelischen Angriff auf das Gebiet Rafah in der Nacht zum Montag lassen die Gesamtzahl der in Gaza getöteten Palästinenser auf über 28.000 steigen – für Israel kein Problem, rühmt sich die Regierung doch damit, bei dieser Aktion zwei von der Hamas entführte Geiseln befreit zu haben.

Die Lage in Rafah gestaltet sich auch ohne die Ausweitung der israelischen Offensive dramatisch: Statt der 300.000 Einwohner leben dort inzwischen 1,4 Millionen Menschen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung Gazas – sie waren auf Anweisung der israelischen Armee vor den Bombardements in die Stadt im Süden Gazas geflohen.

Doch statt, wie aus weiten Teilen der Welt gefordert, die Zivilbevölkerung zu schonen und von Angriffen auf Rafah abzusehen, plant Israel, seine Offensive auszuweiten. Die Menschen sollen woanders hin fliehen, die UN möge „kooperieren“ und die dreckigen Pläne Israels mit der Organisation einer Evakuierung von Rafah unterstützen. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, findet inzwischen klare Worte für Israel: „Die kollektive Bestrafung der Palästinenser, vor allem auch die Abkoppelung von humanitärer Hilfe, ist eine Verletzung des humanitären Völkerrechts … Diejenigen, die sich über das Völkerrecht hinwegsetzen, sind gewarnt worden. Die Rechenschaftspflicht muss folgen.“ Ägypten, wohin die Einwohner Gazas nach Wunsch Israels fliehen sollen, kündigte ein Aussetzen des Friedensabkommens von 1978 an, sollte Israel seine Drohung gegenüber Rafah wahr machen. Dem israelischen Ziel, die Bevölkerung endgültig aus Gaza zu vertreiben, wird Ägypten nicht mit einer Öffnung des Grenzüberganges entgegenkommen.

Derweil hat Friedrich Merz Benjamin Netanjahu besucht und meint nun zu wissen, dass Israel „alles“ tue, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Schließlich werde diese vor Angriffen per Telefon und Flugblatt aufgefordert, die betroffene Region zu verlassen. Dass Israel dann genau die Fluchtrouten bombardiert und es inzwischen keinen Ort in Gaza mehr gibt, an den man fliehen kann, ficht den CDU-Chef nicht an. Hauptsache der Völkermord wird mit dem Kampf gegen die Hamas begründet.

Bessere Nachrichten gibt es aus den Niederlanden. Ein Gericht in Den Haag hat einer Klage von Oxfam Novib, Pax Niederlande und The Rights Forum stattgegeben und der Regierung untersagt, Ersatzteile des Kampfflugzeuges F-35 nach Israel zu exportieren. „Israel nimmt bei den Angriffen zu wenig Rücksicht auf die Folgen für die Zivilbevölkerung“, heißt es in der Urteilsbegründung. Es bestehe das große Risiko, dass Israel das humanitäre Völkerrecht verletze. Durch die Lieferung von Kriegsmaterial trügen die Niederlande daran eine Mitschuld, so die Kläger. Das belgische Wallonien – Standort der dortigen Rüstungsproduktion – hatte bereits zuvor bestehende Exportlizenzen nach Israel aufgehoben. Deutschland liefert munter weiter.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Ohne Rücksicht", UZ vom 16. Februar 2024



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