Staat und Kapital lassen sich die Parteienfinanzierung etwas kosten

Preis-Leistungs-Verhältnis der Parteien

Von Uwe Koopmann

Die Parteien des Bundestages haben das Parteienfinanzierungsgesetz beschlossen. Ausgefertigt wurde es vor 50 Jahren am 24. Juni 1967. Seitdem funktioniert es trotz mancher Irritationen wie ein Selbstbedienungsladen, in dem die Parteien mit Unterstützung des Bundestagspräsidenten locker in die Kasse greifen können. Es lohnt sich zunehmend. 2016 gab es 159,25 Millionen Euro, für 2017 wurde der Betrag auf 160,52 Millionen erhöht. Davon bekam die SPD 50,78 Millionen Euro, die CDU 49,5 Millionen Euro. Der Zuspruch, den die Wähler den Parteien geben, ist die Berechnungsgrundlage.

Für die kommende Bundestagswahl sollten die Wähler daran denken, dass sie mit ihrer Stimme die reichen Parteien noch reicher machen. Die Große Koalition sahnt praktisch rund zwei Drittel (100,28 Mio Euro) der Gesamtsumme von 160,52 Mio Euro ab. Es handelt sich dabei um die Parteien, die dafür sorgen, dass durch ihre Gesetzgebung die Reichen im Lande noch reicher und die Armen gleichzeitig immer ärmer werden.

Der Kapitalismus lässt sich seine Existenzsicherung schon etwas kosten, denn die Mitglieder des Bundestages werden für ihre Arbeit nicht aus der Parteienfinanzierung bezahlt. Sie bekommen Diäten. Die Abgeordneten hatten 2014 beschlossen, ihre Einkünfte an den sogenannten Nominallohnindex zu koppeln, also an die durchschnittliche Entwicklung der Bruttomonatsverdienste der Beschäftigten. Ab Juli dieses Jahres bekommen sie monatlich 9542 Euro, das sind rund 200 Euro mehr als bisher. Diese automatische Anpassung hat den Vorteil, dass es keine „Lohnverhandlung“ geben muss und die Diätenerhöhung daher stillschweigend und weitgehend ohne Transparenz am Bürger vorbei über die Bühne gezogen werden kann.

Geregelt ist in diesem Selbstbedienungsladen auch die Bezahlung der ausgeschiedenen Bundestagsabgeordneten. Wer ein Jahr im Bundestag saß, der bekommt dafür, wenn er 67 Jahre alt wird, 239 Euro Pension. Dieser Betrag steigt bis zu 6441 Euro im Monat für 27 Jahre Arbeit als Gesetzgeber. Das finden die allermeisten Abgeordneten angemessen. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) vermutlich „nachvollziehbar“, denn ein Teil der Diäten fließt zurück in die Parteikassen. Allein mit dem Credo, dass die Unabhängigkeit der Abgeordneten finanziell abgesichert werden müsse, lassen sich diese Beträge nicht erklären.

Die großen Parteien finanzieren sich zu 25–30 Prozent aus ihren Mitgliedsbeiträgen, zu 10–15 Prozent aus den „Mandatsträgerabführungen“ und zu rund 50 Prozent aus staatlichen Mitteln, besonders also Wahlkampfkostenerstattungen. Jahresberichte der Parteien weisen dies aus, ihre Haushalte bewegen sich zwischen 155 bis 165 Mio Euro pro Jahr.

Neben der „Staatsknete“ gibt es schließlich noch Spenden aus der Wirtschaft und „Nebeneinkünfte“ der Abgeordneten. Die sind aber nicht unbedingt auf Euro und Cent einsehbar. Bei der CDU tauchten Millionen „unbekannter Herkunft“ (Angela Merkel) auf. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) weigerte sich, die Namen der Spender zu nennen. Kohl verlor sein Ansehen als CDU-Ehrenvorsitzender, Wolfgang Schäuble verlor den Job als CDU-Vorsitzender. Franz-Josef Jung (CDU) verlor seinen Posten. Jetzt soll er übrigens Aufsichtsrat bei Rheinmetall werden. Spenden und Honorierungen laufen bisweilen knapp außerhalb der Legalität.

Um Klarheit in die Beziehung zwischen Spendern und Lobbyisten einerseits und Abgeordneten andererseits zu bringen, hat die Initiative Abgeordnetenwatch ein Lobbyregister gefordert. Mehr als 200000 Unterschriften wurden bisher dafür gesammelt. Hintergrund: 1 000 Lobbyisten haben bisher einen Bundestagshausausweis von den Fraktionen bekommen. Aber die Liste der Ausweisinhaber wird nicht veröffentlicht. Und vor der Bundestagswahl am 24. September läuft für eine entsprechende Gesetzgebung schon mal gar nichts. Da gibt es die Behauptung, dass die Regierungsparteien ohnehin das machen was sie wollen – und das ist insgesamt zum Vorteil des Kapitals. Widersprüchlich nur, dass genau diese Parteien mehrheitlich gewählt werden.

Wenn der Staat auf diese Weise die finanziellen Interessen der Konzerne vertritt, dann zeigen sich die Unternehmen umgekehrt natürlich auch erkenntlich. Passend zu Weihnachten letzten Jahres berichtete die FAZ, dass die CDU durch zehn Großspenden 925000 Euro bekam. Auf dem zweiten Platz landeten nach Angaben der FAZ – die Grünen. Mit 710000 Euro. Der größte Teil (300000 Euro) ging, so noch einmal die FAZ, „auf zwei Überweisungen des Anlageberaters Jochen Wermuth zurück.“ Der hat zwei Vorbilder: den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und den österreichischen neoliberalen Nationalökonomen Friedrich August von Hayek.

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"Preis-Leistungs-Verhältnis der Parteien", UZ vom 21. April 2017



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