Venezuela vor der Wahl im April

Räte, Wahlen, Putschaufruf

Von Lars Mörking

Die Verfassunggebende Versammlung in Venezuela hat in der vergangenen Woche ein Gesetz zur Stärkung der Arbeiterrechte in den Betrieben beschlossen, wie das Nachrichtenportal „Venezuela analysis“ berichtet. Demnach sollen Räte (Consejos Productivos de los Trabajadores) die stärkere Beteiligung der Arbeiterklasse an der Kontrolle der von der Regierung festgelegten Preisbindung für bestimmte Waren und der Beseitigung von Problemen in der Industrie des Landes gewährleisten. „Es ist Zeit für Sozialismus“, sagte Präsident Nicolás Maduro zu diesem Beschluss. Und weiter: „Es ist unmöglich, Sozialismus ohne die Arbeiterklasse zu denken. Die Arbeiterklasse war immer und wird die treibende Kraft beim Aufbau der Zukunft des Sozialismus sein, in Venezuela und in der ganzen Welt.“

Die Arbeiterräte sollen eine führende Rolle bei der Kontrolle darüber einnehmen, was in den Fabriken geschieht. Die Verfassunggebende Versammlung hofft, dass sie mit der Einsetzung der Räte die Produktion von Gütern des täglichen Bedarfs erhöhen kann. Sie sollen neben und mit den bereits existierenden Organisationen der Gewerkschaften in den Betrieben arbeiten und die Beteiligung der Arbeiter an der Leitung der Betriebe sichern.

Arbeiterräte gibt es in Venezuela seid 2005 und sind bisher vor allem in staatlichen Betrieben aktiv. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlage sind sie allerdings vom Management immer wieder infrage gestellt worden, wie bei Tromerca, einem staatlichen Verkehrsbetrieb im Bundesstaat Merida, wo vor zwei Jahren eine Reihe von Arbeitern aufgrund der Bildung eines Arbeiterrates gefeuert wurden. Im nun verabschiedeten Gesetz ist ein Kündigungsschutz für Mitglieder des Arbeiterrates vorgesehen.

Währenddessen haben sich Unterhändler von Regierung und Opposition Venezuelas bei Verhandlungen in der Dominikanischen Republik auf ein erstes Teilabkommen einigen können. Uneinigkeit gab es über den Charakter des unterzeichneten Papiers, Kommunikationsminister Rodríguez nannte es einen „Vorvertrag“, der die Einigung in 80 Prozent der Punkte auf der Tagesordnung festhalte. Der Parlamentsabgeordnete Borges von der Rechtspartei Primero Justicia nannte es lediglich ein „Protokoll“. Offen sind anscheinend immer noch die Anerkennung der Verfassunggebenden Versammlung durch die Opposition und die Bedingungen der anstehenden Präsidentschaftswahl, die bis spätestens Ende April durchgeführt werden soll. Maduro hatte davor gewarnt, dass die US-Regierung Druck auf die Regierung ausübe um die Gespräche zum Scheitern zu bringen.

Nach Berichten der BBC hat US-Außenminister Tillerson die Streitkräfte Venezuelas zum Aufstand gegen Maduro aufgerufen. Vor Beginn einer Reise durch mehrere Staaten Lateinamerikas spekulierte er in einem Vortrag an der Universität von Austin, Texas, über eine Revolte der Streitkräfte gegen die gewählte Regierung: „In der Geschichte Venezuelas und anderer Länder Südamerikas ist die Armee oft der Motor der Veränderungen, wenn die Dinge schlecht stehen und die Führung den Menschen nicht dienen kann.“ Der USA-Außenminister forderte, was in seinem eigenen Land nicht stattfindet, nämlich „freie, offene und demokratische Wahlen“.

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Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

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"Räte, Wahlen, Putschaufruf", UZ vom 9. Februar 2018



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