Italien: Lega Nord hetzt gegen Flüchtlinge

Rassisten wollen Renzi stürzen

Von Gerhard Feldbauer

Italiens rassistische Lega Nord führt seit Wochen unter Slogans wie „Schluss mit der ausländischen Invasion“ eine hasserfüllte Kampagne gegen eintreffende Bootsflüchtlinge. Sie zielt, wie die linksliberale „Repubblica“ am Montag hervorhebt, auf den Sturz der Regierung Renzi. Das Blatt zitiert Lega-Führer Matteo Salvini, der am Sonntag auf einem Fest seiner Partei in Val Carmonica in der Lombardei für November zu einer dreitägigen landesweiten Blockade aufrief, um „die Regierung zu entlassen“.

Die Bootsflüchtlinge werden als „fremde Heerscharen“ diffamiert, die das „saubere Italien“ überschwemmen würden, und als zum großen Teil Kriminelle und Sozialschmarotzer beschimpft. Von den vor allem aus Ländern Afrikas kommenden Menschen drohe „eine Afrikanisierung Italiens“. Der Lega-Bürgermeister von Padua, Massimo Bitonci, forderte die Auflösung eines Zeltlagers auf einem ehemaligen Kasernengelände am Stadtrand, in dem 140 Flüchtlinge untergebracht sind. Sein Parteifreund und Amtskollege von Abbettone bei Vicenza will leerstehende Gebäude „lieber niederbrennen, als in ihnen Flüchtlinge unterbringen“. Um Flüchtlinge fernzuhalten, will er um die Stadt eine Mauer errichten. Der Amtsinhaber der Lega von Trenzano, bei Brescia forderte die Bürger auf, „jeden Illegalen anzuzeigen.“ Der Einwanderungsbeauftragte der Forza Italia (FI) von Ex-Premier Berlusconi will an den großen Stränden „Checkpoints“ errichten, um Immigranten den Zutritt zu verwehren.

„La Repubblica“ verweist darauf, dass die rassistische Hetze neben der demagogischen Ablehnung der EU-Bevormundung zum zweiten zentralen Thema der Politik von Salvini werde. Der wolle sich damit an Stelle des Chefs der Forza Italia (FI) Berlusconi als neuer Führer der extremen Rechten profilieren, um die Regierung der sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) von Renzi abzulösen. „Wenn wir das Sagen haben, wird sich das ändern“, so „Repubblica“ weiter. Die Lega Nord lehnte bisher jede Subventionierung des zurückgebliebenen Südens ab – nun reichert sie ihre Demagogie damit an, dass sie als „Fürsprecher“ für die zehn Millionen im Süden lebenden Armen, um die sich die Regierung nicht kümmere, auftritt.

Bedenklich ist, dass die Bewegung Cinque Stelle (Fünf Sterne) von Beppe Grillo neben ihrer verständlichen Anti-EU-Haltung einen Anti-Ausländerkurs einschlägt. Wie „Fatto Quotidiano“ schrieb, verlangt ihr Experte Vittorio Bertola weniger Aufenthaltsgenehmigungen, stärkere Überwachung der Flüchtlinge, rabiatere Abschiebung von Nicht-Asylberechtigten. Grillo wolle damit die sinkenden Umfragewerte seiner M5S wieder auf die Ergebnisse von 25 Prozent bei den Wahlen 2013 bringen.

Renzis Innenminister, Angelino Alfano, Parteichef des Neuen Rechten Zentrum (NCD), leistete den Rassisten mit der Absetzung des Präfekten von Treviso Schützenhilfe. Dieser hatte in Padua über 100 Flüchtlinge in Wohnblocks untergebracht. Es blieb dem Papst vorbehalten, gegen die ausländerfeindliche Hetze ein Machtwort zu sprechen. Am vergangenen Sonntag nannte er es beim Angelus-Gebet, „ein Verbrechen“, die Menschen zurückzuweisen, die ihre Heimat verließen und auf der Suche nach einem Leben in Würde übers Meer kommen. Demonstrativ besuchte er eine Migranten-Unterkunft in Rom und verteilte Lebensmittel. Vatikankenner schätzen ein, dass Franziskus damit mit der Unterstützung, die seine Vorgänger, der polnische Johannes Paul II. und der deutsche Benedikt alias Josef Ratzinger breche, die stets die faschistoiden und rassistischen Regierungen Berlusconis unterstützten.

Vertreter von Sozialzentren und Menschenrechtsorganisationen machten geltend, dass bei einer Einwohnerzahl von 60 Millionen derzeit nur 0,3 Prozent Flüchtlinge sind. Die meisten von ihnen wollten nicht in Italien bleiben, sondern nach Deutschland, Großbritannien oder in skandinavische Länder weiter. Das müsse sichergestellt werden, da viele der Flüchtlinge aus Kriegsgebieten einen international anerkannten Anspruch auf Asyl hätten.

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"Rassisten wollen Renzi stürzen", UZ vom 21. August 2015



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