Kommunalwahlen in Thüringen

Rechtsruck

Von Johanna Scheringer-Wright

Johanna Scheringer-Wright ist für die Partei „Die Linke“ im thüringischen Landtag

In Thüringen waren am 15. April 2018 knapp 1,6 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, die Oberbürgermeister der sechs kreisfreien Städte sowie die Landräte in 14 von 17 Kreisen zu wählen. Auch die Bürgermeister in 100 Kommunen wurden gewählt. Zum ersten Mal durften Jugendliche ab 16 Jahren wählen. Die Wahlbeteiligung lag mit 47,1 Prozent jedoch auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie bei der Kommunalwahl 2012 (46,6 Prozent).

Der Schwerpunkt dieser Wahlauswertung liegt auf der Landrats- und Oberbürgermeisterwahl, weil hier insbesondere die Parteien Kandidaten aufstellten, während es in den Gemeinden oft parteilose Einzelbewerber waren.

Im Überblick lässt sich sagen, dass das sogenannte rot-rot-grüne Lager (rrg) – immerhin stellt es eine Koalition aus den Parteien „Die Linke“, SPD und Bündnis 90/Die Grünen seit 2014 mit einem linken Ministerpräsidenten die Landesregierung – ganz offensichtlich keine Mehrheit erringen konnte. Das rechte Lager, also CDU und AfD, brachten es zusammen auf weit mehr Stimmen.

„Die Linke“ trat mit 10 eigenen Kandidaten für die Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen an. Sie erreichte damit landesweit 11,6 Prozent der Stimmen und verlor etwa 4 Prozent im Vergleich zu 2012. „Die Linke“ verteidigte ihre Landrätin im Ilmkreis. In Eisenach ist die amtierende „Linke“-Oberbürgermeisterin in der Stichwahl. Im Landkreis Altenburger Land kämpft die amtierende „Linke“- Landrätin, die nur ganz knapp vor der AfD gelandet ist, in der Stichwahl mit dem CDU-ler um ihr Amt. Weiterhin konnte „Die Linke“ ihren Bürgermeister in Sömmerda verteidigen.

Die SPD stellte elf Kandidaten für die Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen auf. Sie erreichte landesweit 17,3 Prozent und verlor damit etwas mehr als 6 Prozent im Vergleich zu 2012. Bündnis 90/Die Grünen traten immerhin in 6 von 20 Landkreisen bzw. kreisfreien Städten an, schafften aber keine Achtungserfolge. Die CDU ist unter den Parteien Wahlsiegerin, sie konnte ihr Gesamtergebnis von 33,8 Prozent auf 37,8 Prozent steigern. Die AfD trat in 7 Städten und 5 Landkreisen an und erreichte damit immerhin 10,2 Prozent der landesweit abgegebenen Stimmen.

Es wird immer wieder konstatiert, dass Bürgermeister- und Landratswahlen in erster Linie Personenwahlen sind. Das ist natürlich richtig und in vielen Kommunen treten ja auch Parteilose, Einzelbewerber und/oder Kandidaten für Vereine und Initiativen oder Freie Wähler an.

Gleichwohl zeigen auch diese Wahlen, dass in Thüringen ein Rechtsruck zu verzeichnen ist. Der bildet sich aber nicht allein in Wählerstimmen oder der Anzahl der Kandidaten ab, sondern auch in den Auswirkungen, die der Antritt der AfD auf die Wahlstrategie der anderen Parteien hat. Im Landkreis Gotha beispielsweise wählten zur Bundestagswahl 2017 18 400 Menschen die AfD. Wegen dieses Erfolges der AfD wurde gerade im linken Umfeld befürchtet, dass es bei einer Spaltung des Wählerpotentials durch eigene Kandidaturen von „Die Linke“ und SPD zu einer Stichwahl zwischen CDU und AfD kommen könnte. Aus diesem Grund einigte man sich in der „Linken“ darauf, keinen eigenen Kandidaten aufzustellen, sondern den SPD-Kandidaten, der schon gekürt war, zu unterstützen. Dieses Kalkül ist erst einmal aufgegangen, SPD und CDU stehen in der Stichwahl, der AfD-Kandidat lag mit 18 Prozent und 9 300 Stimmen auf Platz drei. Ob und wie sich solche Entscheidungen für „Die Linke“ bei zukünftigen Wahlen auswirken werden, bleibt abzuwarten.

Alle Parteien, die auch bei Landtags- und Bundestagswahlen antreten, versuchten möglichst viele Kandidaten aufzustellen. Es gestaltete sich aber selbst im rrg-“Lager“ immer schwieriger flächendeckend Kandidaten zu finden. Für die Landratswahl in Hildburghausen stellte rrg gar keinen Kandidaten. Je mehr die Wahlberechtigten das Gefühl haben, dass die regierenden Parteien ja eh alle dieselbe Politik machen, desto einfacher haben es Rechte, Wahlerfolge einzufahren. Das kann nur geändert werden, wenn linke Parteien ihr Profil schärfen und wenn sie – und das sage ich gerade in Bezug auf meine Partei „Die Linke“ – die Regierungspolitik auch in Thüringen kritisch bewerten. Wenn beispielsweise die Politik von rrg mit Blick auf die Lebensumstände der Ärmsten versagt, wenn unter rrg Abschiebungen durchgeführt werden oder wenn Bildungsgerechtigkeit und gute Schulbildung nicht verwirklicht werden, müssen „Linke“ an der Seite der Betroffenen laut und deutlich protestieren und Veränderung einfordern. Nur so kann wieder Vertrauen gewonnen werden.

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"Rechtsruck", UZ vom 27. April 2018



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