UN-Sicherheitsrat einigt sich auf Hilfslieferungen nach Syrien

Sanktionsfolgen verschleiern

Im Streit im UN-Sicherheitsrat um Hilfslieferungen nach Syrien legte Russland das 16. Veto im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Syrien ein, China das zehnte. Erst nach wochenlangen Verhandlungen gab es schließlich doch noch eine Einigung. Nur noch über einen Grenzübergang aus der Türkei dürfen Hilfsgüter an der syrischen Regierung vorbei in den Nordwesten des Landes geliefert werden. In Zukunft steht noch der Übergang bei Bab al-Hawa nördlich von Idlib für Hilfslieferungen zur Verfügung, nicht mehr der Übergang bei Bab al-Salam nördlich von Afrin.

2014 hatte sich der UN-Sicherheitsrat darauf geeinigt, Hilfslieferungen an der syrischen Regierung vorbei über vier Grenzübergänge nach Syrien zu liefern. Damals waren die Dschihadisten von IS, al-Kaida und all den anderen Gruppen auf dem Höhepunkt ihres Kampfes gegen die syrische Regierung. Zu großräumigen Hilfsaktionen wäre die syrische Regierung damals nicht in der Lage gewesen.

Mehr als 1,3 Millionen Menschen, vor allem in Idlib, erhalten über die Grenzübergänge Hilfe vom Welternährungsprogramm. Drei Viertel der 38.000 Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern seit 2014 kamen über den Grenzübergang Bab al-Hawa.

Mittlerweile sind die Dschihadisten im größten Teil Syriens geschlagen, auch in den Gebieten unter Kontrolle der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) ist das syrische Militär präsent, und so ist es naheliegend, humanitäre Hilfe aus dem Ausland in Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung zu leisten und nicht gegen sie.

Auch die Russische Föderation will humanitäre Hilfslieferungen fortführen, in Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung. Sie legte daher einen Resolutionsentwurf vor, der – angesichts der geänderten Situation in Syrien – nur den Grenzübergang Bab al-Hawa für ein weiteres Jahr für Hilfslieferungen vorsah. Dieser Resolutionsentwurf wurde im UN-Sicherheitsrat abgelehnt.

Dagegen wurde der deutsch-belgische Resolutionsentwurf, der letztlich ebenfalls nur Hilfslieferungen über diesen Grenzübergang für ein weiteres Jahr vorsah, angenommen. Der Unterschied: Der abgelehnte russische Entwurf forderte den UN-Generalsekretär auf, bis Ende August einen Bericht über die direkten und indirekten Folgen der US- und EU-Sanktionen zu erstellen. Die Folgen ihrer Sanktionen öffentlich zu machen, war für EU und USA inakzeptabel.
Und wie schon in der Vergangenheit wurde der Streit um Hilfslieferungen und die angebliche Blockade durch Russland und China zum Politikum.

Vor „Massengräbern“ warnte die US-Vertreterin bei den UN im Zuge der Verhandlungen, würde es nicht zu einer Einigung kommen. Amnesty International nannte ein Veto Chinas und Russlands gegen einen Resolutionsentwurf gar „verachtenswert“. Ähnliche Worte gab es bei der Ablehnung des russischen Resolutionsentwurfes nicht.
Ohne die UN-Resolution wären Hilfsmaßnahmen für viele Organisationen schwierig. Schließlich gibt es Sicherheitsrisiken, aber auch mögliche juristische Probleme, wenn Organisationen in Gebieten aktiv sind, die wie Idlib von den Dschihadisten der Tahrir al-Scham kontrolliert werden. Und während die Not in den Flüchtlingslagern offensichtlich ist, bleibt die Verteilung der Hilfsgüter im Dunkeln. Die Dschihadisten in Idlib mit den Hilfslieferungen und ihrer Verteilung zu stärken, war für EU und USA ein Gewinn, den die Resolution begrenzte.

Es braucht in Zukunft, wie es der chinesische UN-Botschafter während des Streits um die Hilfslieferungen forderte, die Stärkung der Regierung und der staatlichen Souveränität Syriens. Und die Zusammenarbeit mit der syrischen Hilfsorganisation, dem Roten Halbmond.

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"Sanktionsfolgen verschleiern", UZ vom 17. Juli 2020



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