Sorgen um Saudi-Arabien

Lars Mörking über gute Geschäfte

Der saudische Rüstungskonzern SAMI will bei Rheinmetall einsteigen. Genauer gesagt, bei Rheinmetall Denel Munition (RDM), einem Joint Venture der Düsseldorfer Firma mit dem südafrikanischen Rüstungskonzern Denel. Das meldete das Nachrichtenportal „german-foreign-policy.com“ am vergangenen Dienstag. Nun hat die Bundesregierung verkündet, sämtliche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien stoppen zu wollen. Dass keine Waffen mehr an Staaten geliefert werden sollen, die Krieg im Jemen führen, hatte die Regierungskoalition bereits im Koalitionsvertrag festgelegt. Bereits vereinbarte Rüstungslieferungen waren bisher allerdings davon ausgenommen.

RDM ist auch von den neuen Sanktionen nicht betroffen. Es handelt sich dabei um ein südafrikanisches Joint Venture, das den deutschen Rüstungsexportvorschriften nicht unterliegt. Dabei ist RDM für die saudischen Bemühungen, SAMI zu einem der 25 größten Waffenproduzenten weltweit zu machen, durchaus von Bedeutung. Das Unternehmen baute der staatseigenen saudischen „Military Industries Corporation“ bereits eine Fabrik, in der seit 2016 Mörser- und Artilleriemunition sowie 500- bis 2 000-Pfund-Bomben gefertigt werden. Mit Hilfe des Rheinmetall-Ablegers wird der Aufbau der saudischen Rüstungsindustrie also weiter vorangetrieben – damit Saudi-Arabien auch ohne Waffenlieferungen aus Deutschland weiter Krieg führen kann. Aber es geht ja gar nicht um den Jemen. Saudi-Arabien führt diesen brutalen Krieg bereits seit dem Jahr 2015.

Die Vereinten Nationen bezeichnen die Situation im Jemen zwar als schwerste humanitäre Krise der Gegenwart und geben an, dass im Krieg inzwischen rund 16 700 Zivilisten getötet wurden – die meisten von ihnen durch Luftangriffe der saudisch-emiratischen Koalition – aber das hat die Bundesregierung bisher nicht dazu veranlasst, die Lieferung von Rüstungsgütern zu unterbinden. Auch dass die Anzahl jemenitischer Kinder unter fünf Jahren, die wegen lebensbedrohlicher Unterernährung behandelt werden müssten, auf mehr als 394 000 geschätzt wird und man wegen der saudischen Seeblockade damit rechnen muss, dass in den nächsten drei Monaten rund 36 200 Kinder verhungern, ist kein triftiger Grund für einen Lieferstopp. So etwas hat deutsche Unternehmen noch nie davon abhalten können, gute Geschäfte zu machen. Und so wird Siemens-Chef Joe Kaeser am kommenden Montag wohl wie geplant an einer Wirtschaftskonferenz im saudischen Dammam teilnehmen, die sein Konzern als „Platinum Sponsor“ mitfinanziert.

Dass die Bundesregierung nun reagiert und doch noch Sanktionen gegen 18 Saudis verhängt, hat eher etwas damit zu tun, dass die Aufregung um den Mord an dem saudischen Oppositionellen Jamal Khashoggi (siehe UZ vom 2. November) genutzt werden soll, den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman zu schwächen. Der Kronprinz ist auf Konfrontationskurs mit dem Iran und deutsche Unternehmen wollen auch dort weiterhin gute Geschäfte machen.

Wenn Berlin sich dieser Tage also kritisch und „besorgt“ über die Lage der Menschenrechte in Saudi-Arabien äußert, dann wissen wir, warum.

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Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

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"Sorgen um Saudi-Arabien", UZ vom 23. November 2018



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