Der BDI fordert ein deutsches Weltraumgesetz, um sich Rohstoffe zu sichern

Sternenmarkt

Von Nina Hager

Noch ist es Zukunftsmusik. Vielleicht dauert es noch mehrere Dutzend Jahre. Doch schon heute planen Unternehmen, künftig die Rohstoffe des Mondes zu fördern, Asteroiden auszubeuten oder Produktionsanlagen im erdnahen Weltraum zu errichten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert aktuell in einem Grundsatzpapier „Zukunftsmarkt Weltraum – Bedeutung für die deutsche Industrie“, das in der vorigen Woche vorgestellt wurde, von der Bundesregierung, sich dringend des Weltraumthemas anzunehmen. „Zentrale Herausforderung ist, dass weltweit immer mehr staatliche und private Akteure in den Zukunftsmarkt Weltraum drängen, teilweise mit großen Zielen und erheblichen staatlichen Budgets. Dadurch nehmen Wettbewerbsverzerrungen zu.“ Man fürchtet angesichts wachsender internationaler Konkurrenz, von diesem „Zukunftsmarkt“, von technischen wie technologischen Innovationen sowie entsprechenden Aufträgen „abgehängt“ zu werden. Raumfahrt könnte, so der BDI, zu einer kritischen Infrastruktur für das Industrieland Deutschland werden. Die deutsche Industrie verfüge aber „mit ihren Systemhäusern, mittelständischen Unternehmen und Start-ups über die Expertise und Innovationskraft, um eine führende Rolle im New-Space-Zeitalter zu spielen. Raumfahrt sei für die Industrie im digitalen Zeitalter von zentraler Bedeutung, Schlüssel für Zukunftstechnologien. Das deutsche Raumfahrtbudget von derzeit 285 Millionen Euro pro Jahr müsse – mindestens – verdoppelt werden.

Derzeit beträgt der Raumfahrt-Umsatz weltweit bereits etwa 260 Milliarden US-Dollar. Im BDI-Papier heißt es: „Unternehmensberatungen gehen davon aus, dass sich der globale Raumfahrtmarkt bis 2040 auf bis zu 2 700 Milliarden US-Dollar mehr als verzehnfachen wird.“ Im „New-Space-Zeitalter“ geht es um Rohstoffe. Der BDI hatte sich bereits im Sommer 2018 mit dem Positionspapier „Weltraumbergbau. Potenziale und Handlungsempfehlungen“ zu Wort gemeldet. Ein Asteroid von einem Kilometer Durchmesser kann Rohstoffe im Wert von hundert Milliarden Dollar enthalten. „Psyche“, ein 210 Kilometer großer Asteroid – eine NASA-Mission ist für 2022 geplant –, besteht offenbar fast vollständig aus Metallen wie Eisen, Nickel und Gold. Die NASA plant schon längere Zeit, gemeinsam mit Privatunternehmen die Rohstoffe des Mondes auszubeuten.

Gibt es dafür Hemmnisse? Abgesehen davon, dass nötige Technologien derzeit noch nicht zur Verfügung stehen, um mehr als ein paar Gramm oder Kilo zur Erde zurückzubringen – vor allem was entsprechende Antriebssysteme betrifft. Zudem wird der Abbau von Rohstoffen auf dem Mond, anderen Planeten oder Asteroiden im Internationalen Weltraumvertrag von 1967 nicht eindeutig geregelt. In Artikel 1 und 2 des Weltraumvertrages wird aber klargestellt, dass eine nationale (aber auch private) Beanspruchung von Teilen des Weltraums oder von Himmelskörpern unzulässig ist, da der Weltraum als gemeinsames Erbe der Menschheit betrachtet wird. Territoriale Rechte dürfen demnach nicht geltend gemacht werden. Der Mondvertrag von 1979 und andere Verträge ergänzten den Weltraumvertrag. Wie bindend aber sind sie? Diese allgemeinen Grundsätze werden vom Kapital offensichtlich als Hemmnis für künftige Ziele gesehen. Weltweit haben deshalb bereits 20 Länder (unter anderem USA, Russland, Japan, Belgien, die Niederlande, Frankreich, Österreich und zuletzt 2017 Luxemburg) ihre eigenen nationalen Weltraumgesetze und damit entsprechende gesetzliche und haftungsrechtliche Regelungen verabschiedet. Der BDI forderte angesichts dieser Entwicklung bereits 2018, die Bundesregierung müsse rasch ihre im Koalitionsvertrag festgeschriebene Absicht umsetzen und ein Weltraumgesetz erlassen, das ein gesondertes Kapitel für den Weltraum-Bergbau enthält. Ohne ein solches Gesetz würden „private Initiativen zur Entwicklung der Raumfahrt und des Weltraumbergbaus gehemmt oder sogar im Keim erstickt“. Im aktuellen Grundsatzpapier wird diese Forderung erneut erhoben. Der BDI hat inzwischen von der FDP, die Anfang April einem entsprechenden Antrag im Bundestag einbrachte, Unterstützung erhalten. Die FDP-Fraktion fordert dabei zugleich, sich „nach der Einführung eines Weltraumgesetzes auf EU-Ebene sowie international für eine einheitliche Regelung zum Weltraumbergbau einzusetzen“.

Über die Autorin

Nina Hager (Jahrgang 1950), Prof. Dr., ist Wissenschaftsphilosophin und Journalistin

Hager studierte von 1969 bis 1973 Physik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Abschluss als Diplom-Physikerin wechselte sie in das Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR und arbeite bis zur Schließung des Institutes Ende 1991 im Bereich philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung. Sie promovierte 1976 und verteidigte ihre Habilitationsschrift im Jahr 1987. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt. Von 1996 bis 2006 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung, von 2006 bis 2016 im Parteivorstand der DKP sowie für die UZ, deren Chefredakteurin Hager von 2012 bis 2016 war.

Nina Hager trat 1968 in die SED, 1992 in die DKP ein, war seit 1996 Mitglied des Parteivorstandes und von 2000 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende der DKP.

Hager ist Mitherausgeberin, Redaktionsmitglied und Autorin der Marxistischen Blätter, Mitglied der Marx-Engels-Stiftung und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.

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"Sternenmarkt", UZ vom 31. Mai 2019



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