Das Sicherheitsgesetz rüttelt nicht an „Ein Land – zwei Systeme“!

Tatsachen statt Behauptungen

Freiheitseinschränkungen in Hongkong: Trump erlässt Sanktionen gegen China“ titelt „tagesschau.de“, „Warum der Westen China jetzt Einhalt gebieten sollte“, erklärt „spiegel.de“ den Leserinnen, die „FAZ“ fragt besorgt, ob nun die sogenannten „sozialen Netzwerke“ von China verboten werden. Die „Grünen“ fordern einen sofortigen Stopp von Auslieferungen nach Hongkong, das Auswärtige Amt lädt den chinesischen Botschafter ein, um „Sorgen“ mitzuteilen. Warum das Ganze? Wegen des „Gesetzes der Volksrepublik China zum Schutz der nationalen Sicherheit in der Sonderverwaltungsregion Hongkong“.

Das Gesetz zielt auf die Verfolgung von vier Straftaten ab: Sezession, Subversion, terroristische Aktivitäten und Kollaboration mit einem fremden Staat oder mit externen Kräften zur Gefährdung der nationalen Sicherheit. Also das, was quasi überall auf der Welt verboten ist. Die westliche Propaganda macht daraus das Ende von „Ein Land – zwei Systeme“. Neben den USA zeigt sich der ehemalige Kolonialherr Britannien besonders erbost – und bietet den Einwohnern Hongkongs eine erleichterte Einbürgerung an.

Die chinesische Botschaft in Deutschland hat nun einen Sondernewsletter zu Hongkong und dem Sicherheitsgesetz veröffentlicht. Unter anderem stellt sie dort zehn Unterstellungen die Wahrheit gegenüber. Zum Vorwurf, das Gesetz sei das Ende des Prinzips „Ein Land – zwei Systeme“ heißt es darin unter anderem: „Artikel 23 des Basic Law der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China legt fest, dass die Sonderverwaltungsregion Hongkong eigenständig Gesetze zum Schutz der nationalen Sicherheit erlassen kann. Nahezu 23 Jahre nach der Rückgabe Hongkongs an China ist der entsprechende Gesetzgebungsprozess aufgrund der Sabotage und Behinderung durch antichinesische, destabilisierende Kräfte in Hongkong selbst, sowie durch feindliche Kräfte von außen immer noch nicht realisiert worden.“

„Ein Land – zwei Systeme“ macht es den Einwohnern Hongkongs möglich, ihre Stadt mit einem hohen Maß an Autonomie selbst zu verwalten, das bekräftigt auch noch der Artikel 1 des Sicherheitsgesetzes. Die Botschaft erläutert in ihrem Newsletter weiter: „Das verabschiedete Gesetz wird die Rechte und Freiheiten, die den Einwohnern Hongkongs nach dem Gesetz zustehen, nicht beeinträchtigen. Es wird die unabhängige richterliche Gewalt der Sonderverwaltungsregion Hongkong, einschließlich der letztinstanzlichen Rechtsprechung, nicht beeinträchtigen. Es wird keine Änderung der Politik von „Ein Land – zwei Systeme“, des kapitalistischen Systems, des hohen Grades an Autonomie oder des Rechtssystems der Sonderverwaltungsregion Hongkong geben.“

Zur Einmischung des ehemaligen Kolonialherren und zu dem Vorwurf, mit einer Gesetzgebung für Hongkong verstoße die Volksrepublik China gegen die „Gemeinsame Chinesisch-Britische Erklärung“, die vor der Rückgabe Hongkongs an die Volksrepublik geschlossen wurde, hält die Botschaft fest: „Als China 1997 die Ausübung der Souveränität über Hongkong wieder aufnahm, waren alle Bestimmungen bezüglich des Vereinigten Königreichs gemäß der Gemeinsamen Erklärung erfüllt. Das Vereinigte Königreich hat nach seinem Abzug keine Souveränität, Gerichtsbarkeits- oder ‚Aufsichtsrechte‘ über Hongkong.“

Ein weiterer Vorwurf des „Westens“ gegen das Gesetz ist, dass es ein „undemokratisches“ sei und mit der Bevölkerung Hongkongs kein nennenswerter Austausch stattgefunden habe.

Bei der Ausarbeitung des Gesetzentwurfes wurden Mitglieder der Regierung der Sonderverwaltungszone Hongkongs, der Präsident des Legislativrats, Vertreter der Rechtsgemeinschaft Hongkongs, Mitglieder des Ausschusses für Grundgesetzgebung der Verwaltungszone, Abgeordnete des Nationalen Volkskongresses und Mitglieder der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes einbezogen. In zwölf von der zuständigen Abteilung der Zentralbehörden organisierten Symposien in Hongkong haben 120 Vertreter aus den Bereichen Politik, Recht, Wirtschaft, Finanzen, Bildung, Wissenschaft, Kultur, Religion, Jugend und Arbeit sowie soziale und lokale Organisationen aus Hongkong das Gesetz diskutiert, in mehr als 200 schriftlichen Stellungnahmen beteiligten sich die 36 Hongkonger Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses an der Debatte um das Gesetz. Fast drei Millionen Menschen in Hongkong haben eine Petition zur Unterstützung der Verabschiedung des Gesetzes unterzeichnet, mehr als 1,28 Millionen Menschen unterschrieben eine Online-Petition gegen die Einmischung der USA und anderer externer Kräfte.

Zur Frage der angeblichen Unterdrückung der „Demokratiebewegung“ in Hongkong durch das Gesetz stellt die Botschaft fest: „Was seit der Rückkehr Hongkongs geschehen ist, beweist, dass die Rede-, Presse-, Veröffentlichungs-, Vereinigungs-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, die die Einwohner Hongkongs gemäß dem Gesetz genießen, vollständig geschützt wurden“ und verweist noch einmal auf die gewalttätigen Proteste des vergangenen Jahres, bei denen – anders als in „sozialen Netzwerken“ behauptet – kein Demonstrant starb, aber 590 Polizisten verletzt wurden. Die „Demokratie“ wird nicht von den Randalieren geschützt, die nach Intervention der USA und der Rückkehr der britischen Kolonialmacht schreien. „Nur durch eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Gewalt und Randalierern können Hongkongs Recht und Ordnung geschützt und die Rechtsstaatlichkeit aufrechterhalten werden. Die Unterstützung und stillschweigende Duldung von Gewalt und Randalierern stellt eine eklatante Verletzung von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit dar.“

Der Newsletter ist abrufbar unter http://de.china-embassy.org/det/

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Tatsachen statt Behauptungen", UZ vom 24. Juli 2020



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