Klaus Wagener über US-Wahlkampf in Davos

Terrain für Selbstdarsteller

Die USA verfügten über praktisch unbegrenzte Energiereserven, prahlte der US-Präsident in Davos. Diese seien traditionelle Brennstoffe, verflüssigtes Erdgas, saubere Kohle, Kernenergie der nächsten Generation, Gas-Hydrier-­Technologien. Gleichzeitig seien die USA unter den Staaten mit der saubersten Luft und dem saubersten Trinkwasser auf der Erde und das sei schon in den letzten 40 Jahren so gewesen.
Dies sei keine Zeit für Pessimismus, sondern die Zeit für gewaltige Hoffnung, Freude, Optimismus und „Action“, glaubt Donald Trump. Man müsse die Propheten des Untergangs und der Apokalypse zurückweisen. Mit ihm, so glaubt der US-Präsident, sei das „Große Amerikanische Comeback“ Wirklichkeit geworden

Nun ja, ein „Comeback“, das auf „sauberer Kohle“, Kernenergie und Fracking-Technologie beruht. Eine „Konjunktur“, die sich auf die unermüdliche Geldproduktion der US-Zentralbank und die Überschuldung der gesamten US-Gesellschaft einschließlich des Staates abstützt – das ist nichts, worauf man sich etwas einbilden könnte. Aber es ist Wahlkampf in 2020, das große Wahlkampf-Ballyhoo hat begonnen und Davos ist ein ideales Terrain für Selbstdarsteller.

Vergleicht man Trumps Wahlkampfversprechen mit dem erreichten Stand der Dinge, so ist die Bilanz ernüchternd. Re-Industrialisierung, Erneuerung der Infrastruktur, Rückzug aus den sinnlosen Kriegen, ein besseres Verhältnis zu Russland? Nichts davon. Im Gegenteil. Trump gelang es, es sich auch noch mit den letzten Bündnispartnern zu verderben. Nur noch die Zionisten in Jerusalem halten ihm begeistert die Stange. Das einzige, was wirklich gut geklappt hat, waren die Steuergeschenke an seine reichen Kumpels. Umso bescheidener die Erfolge, umso lauter das Wahlkampfgetöse.

Nun könnte man die Hoffnung haben, dass es mit den US-Demokraten besser werden könnte. Leider musste man die schon mit der Kandidatur von Frau Clinton begraben. Eigentlich schon mit der Präsidentschaft jenes einzigartigen Friedensnobelpreisträgers, der während seiner gesamten Amtszeit Krieg geführt hat. Die US-Demokraten standen in den letzten 40 Jahren immer in vorderster Front, wenn es darum ging, andere Länder zu überfallen. Daran wird sich mit der Kandidatur irgendeines Joe Biden auch nichts ändern. Die Chancen von Kandidaten, die tatsächlich etwas ändern wollen, werden – wie schon vor vier Jahren – erfolgreich torpediert.

Wenig Hoffnung in Gods own Country.

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"Terrain für Selbstdarsteller", UZ vom 31. Januar 2020



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