Die WM-Viertelfinalspiele

Und Tschüss

Von Karl Rehnagel

Uruguay – Frankreich hab ich mir erst gar nicht angetan, das Ergebnis war ausnahmsweise mal vorher klar (0 : 2). Uruguays „Beißer“ Suarez hatte seinen verletzten Sturmpartner Cavani nicht bei sich und war somit zahnlos wie ein Plüschtiger auf Eierlikör. Abends gab es dann den Hammer Brasilien gegen Belgien mit der schönen M. an meiner Seite. War alles toll: Das Spiel (1 : 2), die Stimmung und die schöne M. sowieso. Bis auf vereinzelte Brasilianer war der Laden geschlossen für Belgien und wir auch. Mit dementsprechend guter Laune ging es nach dem Sieg der Belgier und einem letzten Bier nach Hause, die Verabredung für den nächsten Tag war beschlossene Sache. Und Tschüss.

Der Samstag begann zäh, wurde aber stündlich besser. Nach nur ca. 27 Whatsapp-Nachrichten meinerseits hatte ich die schöne M. so weichgekocht, dass sie mit mir nachmittags in eine andere Kneipe radelte, möglicherweise zum ersten Mal in ihrem Leben, so wie sie sich zierte. Der „Umschlagplatz“ liegt direkt am Wasser des Dortmunder Kanals und mitten im Hafen, mit Blick aufs alte Hafenamt und verrostete Kräne, und er besteht aus vier Stahlcontainern und vielleicht acht Biergarnituren. Das war es, Punkrock pur eigentlich, aber, oh staune, ihr gefiel es. Das Spiel Schweden gegen England nicht so (0 : 2) und wir waren hinterher froh, dass die Schweden raus waren, diese Spielweise (Beton anrühren und dann gar nichts mehr tun) mag erfolgreich gewesen sein, aber auch massivst unansehnlich. Und Tschüss.

Das Abendspiel dann wieder in gewohnter Umgebung mit der schönen M. und U., dem Mann ohne Zähne, der uns mit einem genuschelten „Ruschland gewinnt“ begrüßte. Wir waren anderer Meinung, hatten aber alle nicht die Rechnung mit dem Wirt gemacht, der seine Technik so schlecht im Griff hatte, dass in Minute 14 Ton und Bild verschwanden. Alle Leinwände aus. Selten so viele Kroaten, Russen und Deutsche auf einem Haufen gesehen, die sprachlos waren. 30 Minuten war es dann ganz lustig, wie die Jungs mit den starken Handys an den Nebentischen das Spiel auf ihren Mini-Leinwänden schauten und die Spielszenen für uns nachspielten. Dann wurde es uns zur Halbzeit aber doch zu bunt und die schöne M. nahm mich – und nur mich – kurzerhand mit nach Hause. Zum ersten Mal überhaupt. Oha.

Fortan betete ich um Verlängerung und ein Elfmeterschießen, welches beim Stand von 333 zu 332 erst um vier Uhr morgens wegen Erschöpfung des Schiedsrichters unterbrochen werden sollte. Es kam immerhin ein bisschen so, Kroatien gewann 6 : 5 nach Elfmetern. Verdient, wie wir fanden. Wir alberten noch ein wenig herum, vorsichtshalber ohne uns dabei allzu nahezukommen. Aber immerhin. Und wer meint, jetzt soll ich doch nun aber endlich mal zu Potte kommen, dem sage ich: einer Frau, die so nett und so hübsch ist und trotzdem seit elf Jahren keinen Freund hat, weil sie „wirklich Übles erlebt“ hat, der kann man nur mit Vertrauen und nochmals Vertrauen kommen. Und nicht mit einem Überraschungsangriff einen Kuss verpassen, z. B. beim Elfmeter eines Spielers mit dem schönen Namen Sergei Nikolajewitsch Ignaschewitsch in der gefühlt 237. Minute, bei dem sie sich die Augen vor Aufregung zuhielt. Obwohl ich zugeben muss, ich hab drüber nachgedacht.

Kann halt alles dauern oder auch nie was werden. Oder um es mit Martin Gerhard Reisenberg zu sagen: „Vor der Erfindung der Nachspielzeit beim Fußball war auch die Ewigkeit von kürzerer Dauer.“ Eben. Und Tschüss.

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"Und Tschüss", UZ vom 13. Juli 2018



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