Gewerkschaftsaktionen in Frankreich

Unruhe unter den Arbeitern

Von Alexandra Liebig

Der Demagoge und französische Präsident Emmanuel Macron gab den Beschäftigten im öffentlichen Dienst den Hinweis: „Ich werde eure und die Kaufkraft derjenigen in den Betrieben erhöhen. Ihr bezahlt weniger Beiträge und euer Nettoverdienst steigt um denselben Betrag.“

Die fünf großen „Sozialpartner“ der Regierung und kleinere, aber aktive Gewerkschaften rufen für den 10. Oktober zum gemeinsamen Streik des öffentlichen Dienstes auf. Dieser Streik wird ausgeweitet zu gemeinsamen Aktionen mit den Beschäftigten privater Unternehmen.

Seit den großen Demos vom 12. und 21. September, letztere landesweit mit 400 000 Teilnehmern, ist keine Woche in Frankreich vergangen, in der die großen und kleinen Gewerkschaften nicht mobilisieren: Streik der Lohnabhängigen im Transportgewerbe, Blockaden von Raffinerien, Rentnerdemo mit 40 000 Teilnehmern am 28. September, aber vor allem Versammlungen in den Betrieben zur Vorbereitung und Abstimmung umfassender Mobilisierungen.

Je mehr über die Verordnungen der französischen Regierung und ihre wirklichen arbeiterfeindlichen, aber auch die Meinungsfreiheit begrenzenden Texte bekannt wird, desto mehr Unruhe und Wut gibt es bei den Lohnabhängigen. Die Maßnahmen der französischen Regierung gehen über die der deutschen Hartz-Gesetze hinaus, z. B. bei den Beschneidungen der Gewerkschaftsrechte in den Betrieben bis 50 Mitarbeitern. Dort sollen Abstimmungen ohne Gewerkschaftsteilnahme möglich sein, bei bis zu 20 Mitarbeitern entscheidet nur der Boss.

Für das Klima in den Betrieben und Gewerkschaften bezeichnend ist die Lage in der Gewerkschaft „Force Ouvrière“ (FO). Noch unter Hollande hatte ihre Führung gemeinsam mit der CGT gewaltige Demos durchgeführt. Seit Macrons Präsidentschaft zog sie sich zurück. Ihr Generalsekretär, Jean-Claude Mailly, hält Verhandlungen und Gespräche zurzeit für erfolgreicher. Damit hat er sich auf die Ebene der reformistischen CFDT-Führung begeben. Hintergrund bildet bei beiden – trotz großer Proteste gegen die im neuen Budget der Regierung vorgesehene Beschneidung von Finanzmitteln der Gewerkschaften – der Grundsatz, dass Gewerkschaftsproteste keine politischen Proteste sein dürfen.

Nur ist das den Mitgliedern kaum noch zu vermitteln. Das Nationale Gewerkschaftskomitee der FO entschied sich bei seinem Zusammentreffen am 28. und 29. September in Paris mit 143 lokalen und Bezirksvertretungen mit 20 Enthaltungen gegen die Linie der Gewerkschaftsleitung und für Demons­trationen gegen die Verordnungen zum Arbeitsgesetz. Nun ist von einer Absetzung Maillys nicht mehr die Rede. Im Frühjahr wird er den Vorsitz planmäßig abgeben.

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"Unruhe unter den Arbeitern", UZ vom 6. Oktober 2017



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