Rede von Arnold Schölzel zum 100. Gründungsjubiläum der Kommunistischen Partei Chinas

Vernunft gegen Chaos

In Berlin fand eine Festveranstaltung zum 100. Gründungsjubiläum der Kommunistischen Partei Chinas statt. Wir dokumentieren an dieser Stelle die Rede von Arnold Schölzel, Vorsitzender des Rotfuchs-Fördervereins e.V. Die Rede von Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP und ein Video zur Veranstaltung sind schon auf dem Blog erschienen. Ein Bericht folgt in der UZ, Nummer 45.

Als eine kleine illegale Gruppe am 1. Juli 1921 die Kommunistische Partei Chinas gründete, konnte niemand wissen, welche Entwicklung sie nehmen und in welch erstaunlicher Weise sie die Weltgeschichte beeinflussen würde. Sie inspirierte und organisierte die Gründung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949. Ihr folgte, das sei mir an dieser Stelle zu erwähnen gestattet, der 7. Oktober 1949, die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik. Beide Staaten nahmen noch im gleichen Monat diplomatische Beziehungen auf. Die DDR, die wichtigste Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung, ging 1990 unter, es war nach der Errichtung der faschistischen Diktatur 1933, nach der Anzettelung von zwei Weltkriegen durch den deutschen Imperialismus die größte Niederlage – nicht nur der Arbeiterbewegung. Was fälschlich „Wiedervereinigung“ genannt wird, war in Wirklichkeit die bloße Ausdehnung des imperialistischen Wirtschafts- und des Rechtssystems der BRD nach Osten mit zum Teil kolonialen Zügen. Es war verbunden mit Diskriminierung und Hetze gegen die Repräsentanten der DDR, mit der sogenannten Abwicklung Hunderttausender Wissenschaftler, Journalisten und Kulturschaffenden, d. h. mit deren systematischer Entwürdigung. Es war verbunden mit Massenarbeitslosigkeit und der Vertreibung eines Viertels der Bevölkerung. Ostdeutschland ist heute Teil einer Gesellschaft, die von vielfältigen Krisen geschüttelt wird. Gesellschaftliche Spaltung, die Einführung von Niedriglöhnen und generell Armut per Gesetz sind die Folgen der Niederlage unseres Sozialismus. Und wie schon mehrfach in der deutschen Geschichte verfährt die Politik des wiedererstarkten deutschen Imperialismus nach außen zweigleisig: Wirtschaftliche Kooperation im Interesse der Exportquote schließt erneut Aggressivität, Großmachtwahn und militärische Provokationen nicht aus. Wie in der Vergangenheit trägt das die Gefahr eines Krieges, ja, unter heutigen Bedingungen, eines Weltbrandes in sich.

Dem steht gegenüber, was unter Führung der KP Chinas in den vergangenen 30 Jahren erreicht wurde: Die Volksrepublik China hat in diesem Zeitraum den weltweit größten Beitrag zur Überwindung der Armut auf der Erde: Zwischen 1990 und 2013 betraf das rund 700 Millionen Menschen, das waren 70 Prozent aller Armutsreduzierung auf der Welt. Und nun in der Pandemie nehmen Hunger und Armut in der Welt außerhalb Chinas wieder zu, wie jüngste UN-Berichte besagen. Mit dem vor fünf Jahren unterbreiteten Vorhaben, die Seidenstraße wiederzubeleben und sie zu erweitern, hat die Volksrepublik die Förderung des Friedens in der ganzen Welt wie kein anderes Land zum Programm erhoben. Nur ein Beispiel, eine Meldung aus der britischen Daily Mail vom August: „China bereitet sich darauf vor, das Vakuum, das Bidens vorzeitiger Rückzug in Afghanistan hinterlässt, mit einem Investitionsprogramm für seine ‚Seidenstraßen‘-Initiative in Höhe von 62 Milliarden US-Dollar zu füllen.“ Das ist ein Kontrastprogramm zu den völkerrechtswidrigen bewaffneten Evakuierungsaktionen des Westens, die mit künstlich entfachter Hysterie begleitet wurden.

China ist heute die zweitstärkste Wirtschaftsmacht der Welt, allgemein wird erwartet, dass die Volksrepublik in etwa fünf Jahren die USA in der Wirtschaftsleistung überholt. China hat die Weltwirtschaft in der von den USA verursachten Krise seit 2007 vor dem Zusammenbruch gerettet, und die imperialistischen Staaten fürchten mit Recht eine Situation, in der das Land diese Funktion nicht mehr erfüllen könnte. Gleichzeitig rüsten sie in nie da gewesener Weise auf und führen den Kalten Krieg fast ungebrochen weiter. Nach dem Wunsch Joseph Bidens sollte die VR China auf dem G7-Gipfel im Juni als „systemischer Gegner” bezeichnet werden, was nicht gelang. Allerdings stuften die NATO-Länder auf dem kurz darauf abgehaltenen Gipfel die Volksrepublik als „systemische Herausforderung“ ein.

Mit der Zerstörung der DDR ging auch eine besondere Beziehung zwischen den beiden Ländern zu Ende, die von den führenden Parteien Chinas und der DDR getragen wurde. Die Erinnerung daran lässt ahnen, was für den Frieden und die Entwicklung einer ausbeutungsfreien Gesellschaft mit dem Ende des deutschen sozialistischen Staates verloren ging. Ich will das an einem persönlichen Beispiel erläutern. Als ich mich ans Schreiben dieses Beitrages setzte, erreichte meine Frau und mich die Nachricht, dass unsere Freundin und Genossin Helga Scherner, Sinologin und Kommunistin, wie es auf der Trauerkarte hieß, am 12. Oktober im Alter von 92 Jahren gestorben ist. Noch im vergangenen Jahr gab sie zusammen mit ihrem Mann Erhard das Gefängnistagebuch Ho Chi Minhs heraus, das dieser 1941/1942 in der Haft der Guomindang auf Chinesisch geschrieben hatte – ein Werk, das neben Julius Fuciks „Reportage unter dem Strang geschrieben” oder Mussa Dshalils „Moabiter Heft” für den antifaschistischen Kampf von Kommunisten steht. Scherners hatten es 1975 für die „Weiße Reihe” des Verlages Volk und Welt übersetzt und erstmals herausgebracht. Beide kamen 1955 zum Studium nach Beijing. Sie gehörten zu den ersten aus der DDR, die nach ihrer Rückkehr an wissenschaftlichen Einrichtungen und im Staatsapparat tätig wurden. Bereits 1953 aber waren die ersten Sprachlektoren aus der Volksrepublik in die DDR gekommen, und schon 1951 waren bedeutend mehr Studenten als zuvor zum Sinologie-Studium immatrikuliert worden. Helga Scherner hat vor Jahren auf der Internetseite „China heute” über ihren Weg von einer mittellosen Jugendlichen nach 1945 zur Sinologin berichtet. Besonders hob sie dort das Verdienst von Professor Eduard Erkes hervor, eines sozialdemokratischen Gelehrten, der sich schon in der Weimarer Republik geweigert hatte, die deutschen Kolonialinteressen in China zu bedienen und von den deutschen Faschisten 1933 sofort entlassen worden war. Er konnte erst nach 1945 in Leipzig bis zu seinem Tod 1958 seine Forschungen fortsetzen – auch die Aufnahme solcher Wissenschaftstraditionen gehörte zur DDR. Helga Scherner schrieb: „Die Sinologie der DDR konnte sich – trotz der widrigen Umstände, die der Konflikt zwischen der UdSSR und der Volksrepublik China mit sich brachte – auch dank seines Wirkens zu einer komplexen Länderwissenschaft entwickeln, was auch internationale Anerkennung fand.” Auch diese gemeinsame Errungenschaft von DDR und Volksrepublik China, die Etablierung einer Wissenschaft, die Sprache und Literatur mit historischen und mit kulturgeschichtlichen Forschungen zusammenfasste, fand 1989 und 1990 ein jähes Endes. Helga Scherner urteilte: „An der Humboldt-Universität, wo die Sinologie der DDR konzentriert war, warf die Abwicklung und ‚Erneuerung’, was Vielfalt und Tiefe der Lehre und Forschung betraf, das Institut auf ein Niveau zurück, das längst überwunden geglaubt war.” Anders sah es nach ihrer Meinung an der Leipziger Universität aus, wo man versuchte, das Erbe ihres Lehrers Erkes beim Neuaufbau der Sinologie fortzuführen. Dem Wahn der Abwickler und Eroberer der DDR-Universitäten fiel im Grunde aber ein bei allen Schwierigkeiten besonders wichtiges Kapitel in den kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen zwischen China und Deutschland zum Opfer. Die Sinologen der DDR, von denen ich einige kennenlernen konnte, waren eine verhältnismäßig kleine Wissenschaftsgemeinschaft, von denen sich viele aus gemeinsamen Studientagen in Beijing kannten. Sie unterhielten, solange es möglich war, viele persönliche Beziehungen in die Volksrepublik, es waren Internationalisten mit tiefen Sympathien für China, dessen Bevölkerung und Kultur. Ich möchte hier nur den verstorbenen früheren Botschafter Rolf Berthold nennen.

Die Art und Weise, wie mit der DDR und selbst mit solch einer relativ kleinen wissenschaftlichen Disziplin wie ihrer Sinologie unter der Überschrift „Vereinigung” oder gar völlig falsch „Wiedervereinigung” umgesprungen wurde, prägt auch das Verhältnis des wieder erstarkten deutschen Imperialismus zur Volksrepublik. Wo einst insgesamt politische Klarheit und humanistischer Austausch herrschten, herrschen heute geistiges Durcheinander, Konfusion, kommt es zu merkwürdigen Widersprüchen und Verrenkungen. Das hat mit langfristigen Entwicklungen der jeweiligen Kultur und des Denkens zu tun, aber auch mit aktuellen Entwicklungen wie dem Kampf um die Bewältigung der wissenschaftlich-technischen Revolution.

Der vor zehn Jahren verstorbene Philosoph Hans Heinz Holz, der selbst auch Sinologie studiert hatte, erinnerte einmal daran, dass sich in der chinesischen, 4000 Jahre umfassenden geistigen Tradition nie der immer radikaler werdende Individualismus wie im Westen durchgesetzt hat, sondern dass „ein Moment von gesellschaftlicher Verantwortlichkeit ein ganz selbstverständliches Moment des eigenen Lebensverständnisses ist”. Zum anderen hob Holz hervor: In China habe immer ein völlig anderes Naturverständnis vorgeherrscht als im Westen: Natur werde nicht als Objekt der Ausbeutung begriffen, wie es schon im Alten Testament steht. Im chinesischen Verständnis oder in der Weltanschauung sei der Mensch immer „ein in den Naturrhythmus eingepasstes Naturwesen, das auch, wenn es sich der Natur in irgendeiner Weise entgegenstellen will, es in der Form tun musste, dass die natürlichen Bedingungen nicht zerstört wurden.” Er verwies dabei insbesondere auf die uralte zivilisatorische Errungenschaft der Wasserbewirtschaftung, der Flussregulierung, die aus China kam. (zitiert nach: Hans Heinz Holz: Die Sinnlichkeit der Vernunft. Letzte Gespräche. Das Neue Berlin. Berlin 2017, Seiten 276–277) Es ist daher einfach Manipulation, wenn westliche Journalisten so tun, als müsse die Führung der Volksrepublik zur Ökologie gezwungen werden. Es ist eine Lüge. Und sie werden in ihren eigenen Medien widerlegt. Am 23. Oktober veröffentlichte z. B. die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung ein Interview mit dem Direktor der Internationalen Energieagentur der OECD Fatih Birol, in dem er u. a. erklärte, die Zusage Präsident Xi Jinpings, im Ausland keine Kohlekraftwerke mehr zu finanzieren, habe „eine enorme Tragweite“. Dadurch könnten bis zu 20 Milliarden Tonnen CO2 vermieden werden, soviel „wie wenn alle EU-Staaten bis 2050 klimaneutral werden.“ Die Volksrepublik sei „auch die Nummer eins der Welt bei Wasserkraftwerken“ und werde „schon bald die USA als Nummer eins in der Atomkraft ablösen.“

Manches erinnert gegenwärtig an die Zeit des Philosophen und Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz, der ein enormes Interesse an China hatte und einen – leider fast unerschwinglich teuer publizierten – umfangreichen Briefwechsel mit Jesuiten führte, die damals als Missionare der römisch-katholischen Kirche im „Reich der Mitte” weilten. Leibniz verhielt sich so wie andere deutsche Denker von Herder bis Goethe und Hegel, aber auch generell damals Philosophen und Schriftsteller westlicher Länder: China war die technisch und kulturell anerkannt führende Macht in der Welt. Das änderte sich erst mit der Kolonialisierung im 19. Jahrhundert, die mit einem der größten Kolonialverbrechen, den sogenannten Opiumkriegen Englands gegen China, einsetzte und sich im Westen die Pest rassistischer Stereotypen durchsetzte. Bis heute. Kürzlich war zu lesen, dass britische Schulkinder über dieses Kapitel der Geschichte in ihren Schulbüchern so gut wie nichts erfahren.

Leibniz notierte 1697: „Wenn das so weitergeht, fürchte ich, dass wir bald auf jedem anerkennenswerten Gebiet den Chinesen unterlegen sein werden.“ Und weiter: „Jedenfalls scheint mir die Lage unserer hiesigen Verhältnisse angesichts des ins Unermessliche wachsenden moralischen Verfalls so zu sein, dass es beinahe notwendig erscheint, dass man Missionare der Chinesen zu uns schickt.“

Ähnlich sehen das offenbar auch heutige Wissenschaftler, wobei sie sich in der BRD immer wieder der politisch gängigen Sichtweise unterordnen. So lobte z. B. Anfang Juli der Sinologe Klaus Mühlhahn in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter der Überschrift „Chinas Sozialismus für die neue Ära“: „Die KP Ch ist heute ein Meisterwerk der Führung, Disziplin und Mobilisierung.“ Sein Text endete aber mit der Behauptung des Gegenteils: „Die Erfolge der Partei sind nicht von der Hand zu weisen.”, dennoch sei sie „tief in ihrem Innern unsicher und ängstlich“. Man könnte sagen: Da hat der Universitätspräsident aus Friedrichshafen gerade noch die richtige Kurve genommen. Denn diese letzte Bemerkung ist kein Versuch einer Beschreibung, es geht um den ideologischen Kern der heutigen Auseinandersetzung, um die Untergrabung von Ansehen und Stabilität der Kommunistischen Partei Chinas. In diesem Sinn beruhigte sich ein Kommentator der FAZ zum 100. Gründungstag der Partei, der Aufstieg Chinas habe nichts mit Sozialismus zu tun, wie die Führung der Partei fälschlich annehme, sondern sei dem Fleiß und der Improvisationskunst der Chinesen zuzuschreiben: „Chinas Kommunisten wurden von Wirtschaft und Politik im westlichen Ausland über viele Jahre hofiert, aus politischen (Gegengewicht zur Sowjetunion) und ökonomischen (riesiger Markt) Motiven. Es ist also nicht zuletzt westlichem Unternehmergeist zu verdanken, dass der chinesische Unternehmergeist wiedererweckt worden ist.“ Es ist kaum anzunehmen, dass der Herr seiner eigenen Propaganda glaubt. Würde man ihm folgen, hieße das: Westliche Unternehmer haben das heutige China gestaltet. Solchen Leuten könnten chinesische Missionare nicht mehr helfen.

Aber das ist nicht alles. Gleichzeitig ließ die Zeitung einen deutschen Gastprofessor an der Universität von Shantou in Südchina, Wolfgang Kubin, ausführlich schildern, warum und wie er das „momentan übliche China-Bashing“ hinter sich ließ und kürzlich an seine Uni zurückkehrte. Er fühle sich „momentan in der zweiten Quarantäne von Shantou nicht unwohl“. Wer genau las, verstand: Kubin wollte beschreiben, wie die chinesischen Staatssicherheitsorgane ihm halfen, die letzten Hindernisse lokaler Bürokraten zu überwinden.

Ähnlich geht es im „Spiegel” zu. Noch im Frühjahr hetzte er auf dem Titel „Made in China”, gemeint war das Corona-Virus. In der Ausgabe vom 23. Oktober lässt das Magazin den früheren Diplomaten Singapurs Kishore Mahbubani zu demselben Thema so zu Wort kommen: „Der Westen hat nicht rational und vernünftig gehandelt. Er hat versagt.” In seinem Text finden sich Sätze wie folgende: „Auch wenn viele im Westen glauben, dass die Kommunistische Partei Chinas nur an der Macht bleibt, weil die Partei das chinesische Volk unterdrückt, zeigen die Fakten, dass die KP eine starke Unterstützung durch das chinesische Volk genießt.“ Bestätigt werde das durch eine Studie des Ash Center for Democratic Governance and Innovation der Harvard Kennedy School: Danach stieg die Unterstützung für die KP von 86 Prozent im Jahr 2003 auf 93 Prozent im Jahr 2016. Der Autor nimmt an, dass sich diese Unterstützung wegen des Erfolgs der Volksrepublik bei der Bekämpfung der Pandemie noch verstärkt hat. Und weiter: „2019 reisten 130 Millionen Menschen als Touristen ins Ausland und kehrten freiwillig zurück. Das chinesische Volk hat in den letzten 40 Jahren den größten Zuwachs an persönlicher Freiheit seiner 4000 Jahre alten Geschichte erlebt. Um ein brillantes deutsches Wort zu verwenden: Das chinesische Volk hat seine eigene ‘Weltanschauung’. Und sie sind glücklich mit ihrer Weltanschauung.”

Und noch eins: Es sei ein Schock für die Entwicklungsländer gewesen, als sie feststellten, dass der Westen ihnen keine Impfstoffe gegen Sars-Cov19 liefert, aber China seine eigenen großzügig verteilte. Kaum im Amt, habe Biden zusammen mit Japan, Australien, Indien eine Milliarde Impfdosen für die 700 Millionen Bewohner Südostasiens versprochen. Mahbubani: „Die Gesamtzahl der Impfstoffe, die im Rahmen dieser Vereinbarung bisher geliefert wurden, liegt bei null. China hatte dagegen bis Juli 2021 über 120 Millionen Impfdosen an Südostasien geliefert.”

Was bringt dieses Durcheinander, dies Chaos aus Respekt und rassistisch getönter Herablassung und Verachtung zum Ausdruck? Es hat nach meiner Meinung mit der Verfassung zu tun, in der sich der Kapitalismus befindet: Geschüttelt von Krisen, wirtschaftlich stagnierend und mit gesellschaftlichen Widersprüchen konfrontiert, die sich zuspitzen. Chinas Dynamik reizt einerseits zu Nachahmung, andererseits lässt sich das Modell ohne Führung durch die Kommunistische Partei nicht umsetzen. Die Widerspiegelung dieses Dilemmas in der westlichen Propaganda, es gehe um den Kampf zwischen „demokratischen“ und „autoritären“ Staaten ist eine groteske Verzerrung. Inzwischen beherrscht dieses Problem jedenfalls völlig die deutsche Politik: Man darf gespannt sein, wozu sich die nächste Bundesregierung beim voll entbrannten Kampf um Spitzenpositionen in der wissenschaftlich-technischen Revolution und beim Klimaschutz entschließen wird. Es sind gigantische staatliche Investitionen in Höhe letztlich von Billionen Euro angekündigt und auch nötig, um nicht wirtschaftlich abgehängt zu werden. Es ähnelt der Quadratur des Kreises, wenn versucht wird, hier und in anderen Staaten des Westens faktisch einen Staatskapitalismus bei Fortbestehen privater Aneignung zu errichten. Das ist der erste Punkt.

Diese private Aneignung aber hat zweitens einen Namen: Monopolkapital, d. h. ein Produktionsverhältnis, das Herrschaft will, nicht Freiheit, Extraprofit, nicht sozialen Ausgleich, dessen aggressivste Teile zu politischen und militärischen Abenteuern neigen und im Sinne des Wortes bereit sind, über Leichen gehen. Das sich überlebt hat. Dem steht eine zunehmend unzufriedene Bevölkerung gegenüber, die mit Hilfe der Medien, insbesondere der US-Internetkonzerne, aufeinandergehetzt, mit irrationalen, reaktionären und faschistischen Auffassungen rund um die Uhr bis zur sozialen Besinnungslosigkeit bombardiert wird. Im Resultat ist die USA-Bevölkerung politisch gespalten wie selten in der Geschichte, was auch bedeutet, die herrschende Klasse verliert an Führungskraft, wird unberechenbarer. Die Medien dienen zugleich der geistigen Kriegsvorbereitung und – das haben sie in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach unter Beweis gestellt – arbeiten im Ernstfall wie gleichgeschaltet für die Mobilisierung zum Krieg. China hat sehr gute Gründe, die Aktivitäten dieser Konzerne im eigenen Land in Schranken zu halten.

Das alles hat zum Resultat, dass wir im Westen politisch und ideologisch in konterrevolutionären Zeiten leben. Die Hetze gegen China dringt täglich in die Köpfe der 800 Millionen Menschen, die in den westlichen Staaten leben, und erreicht immer neue Gipfel. In den westlichen Medien hat der heiße Krieg längst begonnen.

Daher lässt sich sagen: Wir sind wieder bei Leibniz. Nein, es ist gegenwärtig nicht möglich, um chinesische Missionare und um Export von Vernunft zu bitten. Aber gestatten sie mit zum Abschluss ein, wie ich finde, angemessenes Pathos: Wohl dem Land, das von der KP Chinas geführt wird. Wohl der Welt, deren Hoffnung sich immer stärker auf die KP Chinas richten wird. Herzlichen Glückwunsch, Genossinnen und Genossen.



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