DKP-Parteivorstand diskutierte über Weltkriegsgefahr und nötigen Widerstand gegen die Ampelkoalition

Wer fällt Baerbock & Co. in den Arm?

Am vergangenen Wochenende tagte der Parteivorstand der DKP in Leverkusen. Im Mittelpunkt der Beratungen standen der drohende dritte Weltkrieg auf der einen und die Schwäche der Friedensbewegung in diesem Land auf der anderen Seite. „Die schlimmsten Kriegstreiber sitzen bei den Grünen, der FDP und der CDU. Genauso schlimm oder schlimmer sind aber die Redaktionen der sogenannten Leitmedien“, so Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, in seinem einleitenden Referat. Annalena Baerbock habe im Europarat erklärt, „We are fighting a war against Russia“, so Köbele. Und weiter: „Nun werden Kampfpanzer geliefert, ukrainische Soldaten werden schon lange ausgebildet, das Entscheidungszentrum der NATO sitzt in Ramstein – wer will da noch wem erklären, Deutschland sei keine Kriegspartei?“

In dieser Situation sei es dramatisch, dass es keine große Bewegung gegen Krieg und Atomkriegsgefahr auf der Straße gebe. Ein riesiges Problem sei die weitgehende Integration der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den NATO- und deutschen Großmachtkurs, so Köbele. Das zu ändern sei eine Hauptaufgabe für Kommunistinnen und Kommunisten. In der anschließenden Debatte wurde angeregt, die Tarifauseinandersetzungen unter anderem bei der Post, der Bahn und im Öffentlichen Dienst zu nutzen, um die Friedensfrage hineinzutragen. Wo es möglich sei, müsse versucht werden, Vertreterinnen und Vertreter der Friedensbewegung auf Streikkundgebungen zu Wort kommen zu lassen, um den Zusammenhang zwischen Kriegspolitik, Rüstungswahn und Reallohnabsenkung zu thematisieren und den Schulterschluss hinzubekommen.

Arnold Schölzel, Mitglied des DKP-Parteivorstands, wies in seinem Diskussionsbetrag auf die gezielte „Zerstörung und Destabilisierung von Friedenskräften seit 2014“ hin. Von der Wirksamkeit dieser Kampagne zeugt nicht nur der Abschied großer Teile der Linkspartei von Friedenspositionen. In Berichten aus den Bundesländern wurde deutlich, dass sich auch einzelne Vertreter der Friedensbewegung die Forderung nach Waffenlieferungen an die Ukraine zu eigen gemacht haben und es selbst in der VVN-BdA nicht mehr bei allen selbstverständlich ist, diese abzulehnen.

Mehrere Diskussionsteilnehmer wiesen auf den reaktionären Staatsumbau hin, der nicht mehr Theorie sei, sondern sich in der Praxis zeige. Der Parteivorstand solidarisierte sich mit den Opfern von Repression gegen Friedensaktivisten, stellvertretend für sie mit Heinrich Bücker, dem Betreiber des Berliner Anti-War-Cafés. Bücker ist wegen einer Rede zum Jahrestag des Angriffs des faschistischen Deutschland auf die Sowjet­union im Juni 2022 wegen „Belohnung und Billigung von Straftaten“ (Paragraph 140 StGB) zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro oder ersatzweise einer 40-tägigen Haftstrafe verurteilt worden. Auch Genossinnen und Genossen der DKP sind inzwischen von Strafverfahren betroffen.

Am Ende der Tagung beschloss der Parteivorstand öffentlichkeitswirksame Aktivitäten gegen Außenministerin Annalena Baerbock, die nicht nur wegen ihrer aktuellen Kriegserklärung gegen Russland polarisiere. Es geht darum, die Stimmen der Kriegsgegner nicht nur in Umfragen sichtbar zu machen, sondern mehr Menschen für den Frieden auf die Straße zu bringen. Neben der bereits gestarteten Online-Petition für die Entlassung der Außenministerin wird es Plakate, Aufkleber und einen Nachbarschaftsbrief geben, der vor allem zu den anstehenden Ostermärschen mobilisieren soll. Über einen Strafantrag gegen Baerbock, die stellvertretend für die Kriegstreiber der Ampel-Koalition steht, wird derzeit mit Anwälten beraten.

Zweiter Schwerpunkt der Tagung des Parteivortandes war die Vorbereitung des 25. Parteitages, der vom 17. bis 19. März in Gotha stattfinden wird. Die Konferenz wird sich am ersten Tag mit der Imperialismusanalyse, der Veränderung der internationalen Kräfteverhältnisse und den Kräfteverschiebungen im deutschen Monopolkapital befassen. „Mit Sicherheit“, so Köbele, „steht die sogenannte Zeitenwende für einen großen Bedeutungsgewinn des militärisch-industriellen Komplexes, also der Verschmelzung von Macht und Interessen des Rüstungskapitals mit denen der Militärhierarchie und der Staatsbürokratie zu einem festgefügten Machtkomplex.“ Die Charakterisierung der Epoche, in der wir leben, sei in einer Zeit, in der dieses Land sich mit schweren Waffen am Krieg beteiligt, in der die NATO Krieg gegen Russland führt und auf China zielt, keineswegs abwegig, so Köbele, sondern ­notwendig.

Der zweite Tag des Parteitags steht unter dem Titel „Für Heizung, Brot und Frieden – Wirken in der Klasse“. Die Diskussion um einen gleichnamigen Antrag soll durch einen Erfahrungsaustausch in drei Blöcken unterstützt werden. Themen sind die gewerkschaftlichen und betrieblichen Kämpfe in diesem Land und die kommunalpolitische Arbeit. Neu hinzugekommen ist ein dritter Block zur Arbeit in der Friedensbewegung und zur Bündnispolitik, die Genossinnen und Genossen wegen der unterschiedlichen Bewertungen des Ukrainekriegs oft vor Herausforderungen stellt. Die zum größten Teil von den Parteigruppen entsandten Delegierten sind aufgefordert, möglichst kollektive Diskussionsbeiträge in ihren Gruppen vorzubereiten.

Am dritten Tag wird sich der Parteitag mit der Volksrepublik China befassen. Zu dem China-Antrag des Parteivorstandes liegen – wie auch zu dem Antrag „Wirken in der Klasse“ – rund 150 Änderungsanträge vor, darunter auch solche auf Nichtbefassung. Die Diskussionstribüne in der UZ, die seit November vergangenen Jahres läuft, zeigt Unterschiede in der Einschätzung und den weiteren Diskussionsbedarf. Die Antragskommission wird dem Parteitag vorschlagen, mit dem vorliegenden Antrag, der auf dem Parteitag qualifiziert werden soll, einen Zwischenstand der Debatte zu beschließen und den dann neu gewählten Parteivorstand mit der Fortführung der Diskussion zu beauftragen.

Der Tagung des Parteivorstandes lag auch ein Personalvorschlag für die Wahlen einer neuen Parteiführung und seiner Kommissionen vor, der noch final abgestimmt werden muss. Patrik Köbele und Wera Richter werden erneut als Vorsitzende kandidieren, wie auch Klaus Leger als Bundeskassierer.

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Über die Autorin

Wera Richter, geboren 1969, ist stellvertretende Parteivorsitzende der DKP und Chefredakteurin der UZ. Die journalistische Laufbahn begann in jungen Jahren mit einem Praktikum bei der UZ mit Rolf Priemer als Chefredakteur. Damals wurde die UZ wieder Wochenzeitung. Später arbeitete die gelernte Gärtnerin im Ressort Innenpolitik der Tageszeitung junge Welt. Auf dem 20. Parteitag der DKP 2013 wurde Wera Richter zur stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt und übernahm die Verantwortung für die Organisationspolitik. Ein Job, den sie in der SDAJ kennen und lieben gelernt hatte. 2020 löste sie Lars Mörking als UZ-Chefredakteur ab.

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"Wer fällt Baerbock & Co. in den Arm?", UZ vom 3. Februar 2023



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