Zum notwendigen Kampf für Heizung, Brot und Frieden

Wessen Welt ist die Welt?

Bruno Mahlow

Dass die Welt aus den Fugen geraten ist, wissen und spüren wir schon seit langem. Vor allem seit der Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses infolge der Zerstörung der UdSSR und der Auflösung des Warschauer Vertrages. Die Zerschlagung des Sozialismus in der Sowjetunion und in Osteuropa erwies sich nicht nur als größte geopolitische Katastrophe, sondern als zivilisatorischer Rückschlag für die Entwicklung der Menschheit. Die Errungenschaften des Sozialismus gingen verloren. Man denke allein an die Rechte von Kindern, die Gleichberechtigung der Frauen, das Recht auf ein Leben ohne Krieg. Mit der Konterrevolution wurden soziale und demokratische Grundrechte außer Kraft gesetzt – nicht zuletzt das Völkerrecht.

Der Kapitalismus/Imperialismus sah sich als Sieger der Geschichte. Heute ist seine Gewissheit ins Wanken geraten, das dominierende Kapitalsystem und seine Hegemoniepolitik stecken in einer tiefen Krise. Das erklärt die Aggressivität der Imperialisten. Für die Gefährlichkeit der Lage sprechen die Überschriften in Medien, offiziellen Meldungen und Stellungnahmen. Nur einige Beispiele: Für die neue US-Militärstrategie ist Russland „eine direkte und scharfe Bedrohung unserer Interessen und Werte“, die Volksrepublik China wird als „Hauptfeind“ markiert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert eine „Lex Russland“: Deutschland und Russland seien Feinde, und die BRD müsse sich „konfliktfähig“ machen. Die NATO rückt weiter gen Osten vor und schließt ihre Reihen mit neuen Mitgliedern. Faschistische Positionen und Ideen breiten sich in mehreren Ländern aus. Die Russophobie hat längst Ausmaße einer Volksverhetzung angenommen, die vor internationale Gerichtshöfe gehört.

Die Gefahr eines atomaren Schlagabtausches ist durch diese Konfrontation und Mobilmachung des Westens heute größer als 1962 während der Kuba-Krise. Die Diplomatie scheint außer Kraft gesetzt. Rufe nach Frieden und Verhandlungen werden mit Heuchelei und moralischer Empörung zurückgewiesen. An die Stelle von Fakten und Argumenten sind Lügen und Vorbehalte getreten. Statt Ursache und Wirken zu untersuchen und Zusammenhänge herzustellen, üben sich selbst „Linke“ in der Gleichsetzung von Aggressor und Opfer.

Die Bereitschaft Chinas und Russlands zur Suche nach gemeinsamen Lösungen wird verschwiegen oder brüsk abgelehnt. China hat angeboten, mit den USA „in gegenseitigem Respekt und friedlicher Koexistenz“ zusammenzuarbeiten. Wladimir Putin sandte an die Bürger der europäischen Länder und auch der USA die Botschaft: „Russland ist nicht Ihr Feind und hat niemals irgendwelche bösartigen Absichten gegenüber den europäischen Staaten und den USA.“ Er verwies auf die systematischen Fehler der politischen Führung der USA und ihrer Verbündeten.

Wer Frieden will, muss die Eskalation stoppen, und zwar jetzt. Krieg, Aufrüstung, Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland und China bekommen wir auch in diesem Land zu spüren. Die Folgen der Inflation zahlen wir mit erhöhten Steuern und Abgaben und sinkendem Lebensniveau. Wir können und wollen uns die Kriegspolitik nicht leisten und brauchen die enge Verbindung des Kampfes um Frieden, ohne den alles nichts ist, und der sozialen Frage. Nicht Gleichgültigkeit, Egoismus und Resignation sind der Ausweg, sondern nachdenken über Ursachen und Lösungen, Mitverantwortung und aktives Handeln.

Die Losung „Heizung, Brot, Frieden“ kann Massen ergreifen. Nutzen wir sie – auch am Luxemburg-Liebknecht-Wochenende, das das Jahr einläutet, in dem wir an die Gründung der UdSSR vor 100 Jahren erinnern. Nicht zuletzt mit der Frage: Wessen Welt ist die Welt?

Bruno Mahlow, ehemaliges Mitglied des Ältestenrates der Partei „Die Linke“, trat im November der DKP bei.

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"Wessen Welt ist die Welt?", UZ vom 11. November 2022



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