Obama muss das Scheitern der Blockade als Sieg verkaufen

Wie Kuba einen US-Präsidenten empfängt

Von Tobias Kriele

Mit großem medialen Getöse reiste US-Präsident Barack Obama samt Familie und als Kopf einer vierzigköpfigen Delegation nach Havanna. Es handelt sich um den zweiten Besuch eines amtierenden US-Präsidenten in Kuba überhaupt.

Mit dem zweitägigen Aufenthalt Obamas wird der im Dezember 2014 begonnene Gesprächsprozess zwischen beiden Staaten fortgeführt und bekräftigt. Kuba fordert von den USA dabei unverändert die Normalisierung der Beziehungen. Der kubanische Regierung insistiert, sie wolle keine Ausnahmeregelungen von der Blockade, sondern deren Abschaffung. Obamas in Havanna getätigte, eher allgemein gehaltene kritische Andeutungen in Sachen Menschenrechte wirken eher komisch, sind doch die USA weltweit wegen der anhaltenden Folterungen im Lager Guantanamo in der Kritik. Fast realistisch hatte die US-Regierung nach Berichten der Nachrichtenagentur AP wohl deshalb schon im Vorfeld erklären lassen, man erwarte nicht, durch den Besuch signifikante Änderungen in der Position der kubanischen Regierung in „Menschenrechtsangelegenheiten“ zu erreichen. Das Lager in Guantanamo auf Kuba ist schließlich auch mit der kubanischen Forderung nach der Auflösung der von den USA illegal betriebenen Militärbasis verbunden. Die Frage stellt sich auch nach der Legitimität anderer über 70 bestehender US-Militärbasen in Lateinamerika.

Die Forderung Kubas nach einem Ende der subversiven Programme gegen Kuba trifft auf wütende Attacken der Exilrechten in den USA. Schon im Vorfeld des Besuches waren kubanische „Dissidenten“ in Miami in staatlich finanzierten Seminaren auf Störaktionen gegen den Obama-Besuch eingestimmt worden. Im Hintergrund dieser Aktivitäten stehen bekannte Terroristen wie der verurteilte Gewalttäter Santiago Álvarez, die darum kämpfen, nicht von den Geldströmen der US-Regierung abgehängt zu werden. Letzten Endes demonstrierte die zivile Abteilung der Miami-Mafia, die „Damen in Weiß“, in Havanna nicht für, sondern gegen den US-Präsidenten. Damit machten die kubanischen Konterrevolutionäre es Obama während seines Havannabesuches praktisch unmöglich, ihre Position auch nur ansatzweise zu rechtfertigen.

Obamas Kuba-Besuch dürfte auch davon motiviert worden sein, vor Ablauf seiner Amtszeit sein politisches Erbe als US-Präsident zu definieren. Den Händedruck mit Raúl Castro medienwirksam zu inszenieren, war darum geboten. Für den US-Präsidenten bedeutete das auf der anderen Seite, dass er an der Seite des im bis heute gültigen Helms-Burton-Act zur persona non grata erklärten Raúl Castro Lippenbekenntnisse zur kubanischen Souveränität abgeben musste. Allgemeiner gesprochen stand und steht er vor dem Problem, die mit dem Scheitern der US-Blockadepolitik gegen Kuba verbundene Niederlage als Sieg verkaufen zu müssen. Raúl Castro hat zudem in Gegenwart des US-Präsidenten wieder einmal unterstrichen, dass das sozialistische Kuba nicht daran denke, seine revolutionären Prinzipien in Frage zu stellen.

Auch die kubanische Bevölkerung ist sehr empfindlich gegenüber Versuchen von außen und insbesondere seitens der USA, die kubanische Souveränität zu unterlaufen. Die Obama-Regierung ist sich der Problematik bewusst und zeigte sich bemüht, volkstümliche Anknüpfungspunkte zu schaffen. Deshalb reiste Obama mit Frau und Töchtern nach Havanna. Der Spaziergang des US-Präsidenten durch die koloniale Altstadt wurde nicht zufällig auf den Palmsonntag gelegt, an dem in in der christlichen Tradition des triumphalen Einzugs Jesu Christi in Jersualem gedacht wird. Der triumphale Aspekt fiel aber dank ungewöhnlich starker Regengüsse ins Wasser. Immerhin führten die ersten Schritte die Präsidentenfamilie in die Kathedrale von Havanna, um dort den kubanischen Erzbischof Jaime Ortega vor den Kameras zu begrüßen.

Im Vorfeld des Besuchs hatte die in Kuba bei Staatsbesuchen übliche Veröffentlichung des Lebenslaufes von Barack Obama in der Parteizeitung Granma kritische Anmerkungen provoziert. In derselben Zeitung waren wenige Tage vor dem Besuch Diskussionsbeiträge veröffentlicht worden, in denen der bekannte Intellektuelle Fernando Martínez Obamas Kurzbesuch öffentlich als Teil einer Kriegsführung gegen Kuba bezeichnet hatte. Wenige Tage zuvor hatte die Granma im Hinblick auf die Verhandlungen mit den USA gefordert, Kuba dürfe niemals Verhandlungen mit anderen Staaten unter Drohungen oder Druck einer ausländischen Macht führen.

Kubas Staatschef Raúl Castro nahm den Besuch des Präsidenten der größten Militär- und Wirtschaftsmacht gelassen hin. Als Obama in Havanna aus seiner Maschine „Air Force One“ kletterte, stellten die mitgereisten Journalisten fest, dass lediglich Außenminister Rodriguéz gekommen war, um Obama zu begrüßen. In den US-Medien sorgte das für Aufregung, und der US-Regierungssprecher sah sich gar zu der Feststellung gezwungen, eine Anwesenheit Castros auf dem Rollfeld sei nie Thema gewesen. Wie das sozialistische Kuba Freunde empfängt, hatte es allerdings kurz zuvor deutlich gemacht: unmittelbar vor Obamas Ankunft wurde Venezuelas Präsident Nicolás Maduro in Havanna von Raúl Castro mit dem José-Martí-Orden, der höchsten Auszeichnung des Landes, geehrt.

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"Wie Kuba einen US-Präsidenten empfängt", UZ vom 25. März 2016



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