DKP Brandenburg gründet Textilgruppe in Lauchhammer

Wo tagsüber der Webstuhl klappert

Viola Böhm

Im Januar hat sich im brandenburgischen Lauchhammer eine Grundorganisation „Textil“ der DKP gegründet. UZ sprach mit der Weberin Marion Baur, die seit über 40 Jahren mit Textilien beziehungsweise ihrer Herstellung beschäftigt ist.

UZ: Die Gründung der neuen DKP-Gruppe Textilarbeiter erregt in Brandenburg viel Aufmerksamkeit. Was wollt ihr erreichen?

Marion Baur: In diesen „nicht so leichten Zeiten“ (Franz Josef Degenhardt) ist jede Form des Zusammenschlusses von Arbeiterinnen und Arbeitern, jede Bewegung für Arbeiterrechte und gegen Unternehmerwillkür Gold wert. Dass sich in diesem Fall Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter zusammentun, und zwar hier in Brandenburg, wo es eine sehr große Tradition sowohl handwerklicher wie auch industrieller Textilproduktion gibt, finde ich ermutigend. Was eine Grundeinheit wie diese erreichen kann, hängt von einer Reihe Faktoren ab: Wie können wir mehr aktive und ehemalige Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter kennenlernen und gewinnen, wie weit unterstützt uns die Partei bei der Verbreitung unserer Positionen, wie gut können wir die von Patrik Köbele ausgegebene Losung „Ran an die Klasse“ hier umsetzen?

061502 Marion - Wo tagsüber der Webstuhl klappert - DKP Brandenburg, Lauchhammer, Marion Baur, Textil - Aktion

UZ: Ihr seid sicher noch wenige, oder?

Marion Baur: Wir haben uns ja gerade erst gegründet, aber es gibt meines Erachtens sehr großes Interesse. Allein die Tatsache, dass hier nach Jahren des Verfalls, der deprimierten „Man kann ja eh nix machen“-Einstellung, einige Leute sagen: „Von nix kommt nix …“ und was tun, sorgt für Aufmerksamkeit. Dass wir aktive Textilarbeiter/innen sind, hilft noch zusätzlich. Deshalb stelle ich der Gruppe meine kleine Weberei in Lauchhammer als Treffpunkt zur Verfügung. Wo am Tag der Webstuhl klappert, lässt sich am Abend gut über unsere Forderungen diskutieren.

UZ: Was werdet ihr als erstes tun?

Marion Baur: Wir wollen eine Zeitung herausgeben. Sie heißt „Das Schiffchen“ und soll möglichst viele – wenn auch nicht nur – Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter erreichen. Das Schiffchen zieht den Faden durch den Webstuhl. Als Weberin ist es mein wichtigstes Werkzeug. Die Zeitung soll unser wichtigstes Werkzeug zur Verbreitung unserer Forderungen und Positionen werden.

UZ: Brandenburg und speziell Lauchhammer, wo ihr wohnt und arbeitet, ist seit der Zerstörung der DDR von einem hochentwickelten Industriestandort zum wirtschaftlichen Brachland verkommen. Was denkst du, könnt ihr im Bewusstsein der Menschen verändern?

Marion Baur: Mein Lieblingsbeispiel dazu datiert von 1909. Da organisierten Textilarbeiterinnen – auch sehr wenige am Anfang – in Massachusetts und in Manhattan große und am Ende erfolgreiche Streiks. Dies geschah in einer noch schlimmeren Situation als heute: Keine gewerkschaftliche Organisierung der Frauen, nicht mal Wahlrecht. Keine Partei oder andere gesellschaftlich relevante Organisation, die ihre Forderungen unterstützte, kein Streikrecht, Nichts. Wir kennen die Ergebnisse: Bessere Entlohnung, am Ende Frauenwahlrecht sowie wichtige Schritte in Richtung gleiche Bezahlung wurden erstreikt. Der heute weltweit begangene Internationale Frauentag ist, in diesem Licht betrachtet, nur ein Nebenergebnis, wenn auch ein wichtiges. Unsere neue Gruppe wird dazu im März mit viel Energie agieren.

Kurz gesagt: Die Brot-und-Rosen-Forderungen der Frauen haben unter schwierigen Bedingungen die Herzen und die Hirne vieler Arbeiterinnen erreicht. „A million kitchens empty, a thousand milllofts grey“ (Eine Million Küchen leer, tausend Fabrikhallen verödet), heißt es in dem berühmten Lied über die Streiks. Wenn wir es schaffen, einen Teil dieses Vertrauens in die eigene Kraft ins Bewusstsein unserer Kolleginnen und Kollegen zu pflanzen, dann wird diese Gegend hier nicht länger die Gleiche sein – nicht irgendwann, sondern sehr bald.

UZ: Wie kann man euch erreichen?

Marion Baur: Über die DKP in Brandenburg natürlich, wer mich persönlich kontaktieren will: flaxmill@gmx.net.

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"Wo tagsüber der Webstuhl klappert", UZ vom 10. Februar 2023



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