Zur Bürgergeld-Erhöhung

Arbeiten lohnt nicht

Zum 1. Januar steigt nach einer Verordnung des Bundeskabinetts das Bürgergeld für 5 Millionen Betroffene in Deutschland. Der Satz für Alleinerziehende erhöht sich beispielsweise um 61 Euro auf 563 Euro im Monat, Kinder im Alter zwischen dem siebten und 14. Lebensjahr erhalten zukünftig 390 Euro, jüngere lediglich 357 Euro.

Die Bürgergelderhöhung wird begleitet vom Geschrei der Arbeitgeber und von Vertretern ihrer Interessen in den Parteien. Unionsfraktionsvize Jens Spahn lässt in der „Bild“-Zeitung verkünden: „Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet.“ Das wäre ja nachvollziehbar, wenn er damit eine Erhöhung der Mindestlöhne und des Lohnniveaus überhaupt verknüpfen würde. Aber darum geht es nicht, sondern um eine Fortsetzung einer Politik, die in großen Bereichen Arbeit entwerten und so billig wie Dreck machen will.

Mit einer verschärften Sanktionspraxis will er das durchsetzen: „Wenn erwerbsfähige Bürgergeldbezieher wiederholt angebotene Arbeit oder Qualifizierung ablehnen, braucht es spürbarer als heute finanzielle Konsequenzen. Wer arbeiten kann, sollte arbeiten. Nach diesem einfachen Prinzip müssen wir unsere Sozialsysteme wieder stärker ausrichten“, erklärte er über das Springer-Blatt.

Die AfD wird noch deutlicher und übt gleichsam den Schulterschluss mit dem Kapital. Vielen Firmenchefs sei die Erhöhung zu hoch. Sie befürchten Fehlanreize, die die Gewinnung von Arbeitskräften weiter erschweren. Als Kronzeugen benennt die AfD in einer Presseerklärung vom 14. September Dirk Engelhardt, Chef des „Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung“ und gibt ihm Recht, „wenn er leistungsfeindliche Fehlanreize im Bürgergeld kritisiert“.

Den Kern ihrer „Alternativen“ präsentiert die Höcke-Truppe in besagter Presseerklärung. Die AfD-Bundes­tagsfraktion fordert darin „mit dem Konzept der aktivierenden Grundsicherung die Umstellung von Geldleistungen auf Sachleistungen für Zuwanderer sowie eine Arbeitspflicht für erwerbsfähige Empfänger von Sozialleistungen bei mehr als sechs Monaten im Leistungsbezug“.

Der Weg zum gewünschten Arbeitsdienst führt über die Diffamierung von Erwerbslosen, wie ihn „Bild“ schon lange führt. Wir setzen in Partei und Gewerkschaft den Kampf um höhere Löhne und die Solidarität mit erwerbslosen Kolleginnen und Kollegen dagegen.

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"Arbeiten lohnt nicht", UZ vom 22. September 2023



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