Auf das richtige Verzichten

Am 2. August wurde in den Medien der Erdüberlastungstag zelebriert. Das ist rechnerisch der Tag, ab dem die Weltbevölkerung für dieses Jahr mehr Ressourcen verbraucht als ihr zur Verfügung stehen. Für die bürgerlichen Medien ist es eine willkommene Abwechslung mitten im Sommerloch. Ausgedacht hat sich das die US-amerikanische NGO „Global Footprint Network“. Die menschliche Nachfrage wird gemessen und verglichen mit dem Angebot an natürlichen Ressourcen und ökologischen Dienstleistungen. Das lässt sich dann weltweit berechnen, für einzelne Länder, aber auch individuell, als ökologischer Fußabdruck. Die Anleihen bei der Volkswirtschaftslehre sind beabsichtigt.

Ob das allerdings wirklich funktioniert, darf bezweifelt werden. Zwar bilden die Berechnungen den mehrfach höheren Ressourcenverbrauch der Industrieländer ab, allerdings blenden sie die internationale Arbeitsteilung aus. Es wird eben inzwischen weltweit für einen Weltmarkt unter imperialistischer Vorherrschaft produziert. Dass einfach alle weniger produzieren, ist unmöglich, die Frage ist, was wird wie produziert.

Das gilt ebenso in den einzelnen Ländern. Der Einfluss auf die individuellen Reproduktionsbedingungen ist von der Klassenzugehörigkeit abhängig. Da kann ein Juraprofessor aus Berlin ganz ungeniert einen Spritpreis von 100 Euro fordern. Er wird kein Problem haben, ein E-Auto zu finanzieren, um dann mit ganz kleinem Fußabdruck zu twittern. Wie die Krankenpflegerin auf dem Land zur Frühschicht kommen soll, kann ihm ja egal sein. Oder die Alleinerziehende, die bei Penny einkauft und sich jetzt über deren Werbegag wundern muss: Für bestimmte Produkte hat der Discounter eine „Umweltpreiserhöhung“ eingeführt und behauptet, das sei der „wahre Preis“. Leisten können sich das dann halt nur Wenige.

Ganz außen vor bleibt sowohl bei den Initiatoren als auch in den Medien die Frage des Militärs. Die USA und ihre NATO-Partner unterhalten nicht nur das meiste Militär und drehen fleißig an der Aufrüstungsspirale. Sie haben in den vergangenen Jahren immer wieder Länder militärisch überfallen und bedroht, was in kleineren Ländern dazu führt, dass auch sie ihr Militär vergrößern. Bei den NATO-Ländern könnte hier auf ziemlich viel verzichtet werden.

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Auf das richtige Verzichten", UZ vom 4. August 2023



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