DKP Bottrop bereitet sich auf Wahlkampf vor

Aufmüpfig seit Jahrzehnten

In Nordrhein-Westfalen finden am 13. September Kommunalwahlen statt. In Bottrop ist die DKP in Fraktionsstärke im Rat der Stadt vertreten. Trotz Corona-Pandemie wollen die Kommunistinnen und Kommunisten wieder in den Stadtrat einziehen, „Damit man draußen sieht, was drinnen vorgeht“. UZ sprach mit DKP-Ratsherr Michael Gerber.

UZ: Mit welchen Ausgangsbedingungen geht die DKP in Bottrop in den Wahlkampf?

170402 gerber - Aufmüpfig seit Jahrzehnten - DKP, Kommunalpolitik, Kommunalwahlen - Politik
Michael Gerber

Michael Gerber: Die DKP ist seit 1969 mit einer Unterbrechung im Rat der Stadt und in zwei Stadtbezirken vertreten. Das ist ein Grund für unsere gute Verankerung bei den Menschen in unserer Stadt. Diese Kontinuität hat aber auch den negativen Effekt, dass manche Wähler glauben: Die Kommunisten sind seit Generationen im Rat der Stadt vertreten und würden auch in diesem Jahr wiedergewählt – quasi als Automatismus. Die Überzeugungsarbeit bei den Wählerinnen und Wähler, erneut die DKP zu wählen, beginnt bei jeder Kommunalwahl wieder von vorne. In den Corona-Zeiten ist dies nicht einfacher geworden.

UZ: Welche Bilanz würdest du seit der letzten Kommunalwahl 2014 für eure parlamentarische Arbeit ziehen?

Michael Gerber: Politische Veränderungen im Interesse der kleinen Leute sind nur durch die wirkliche Bewegung der Betroffenen in Form von allen möglichen Protesten auf der Straße zu erreichen. Unser Hauptziel war es daher stets, die Bürger über bevorstehende Entscheidungen des Rates zu informieren und ihnen damit zu ermöglichen, gegen undemokratische Beschlüsse Widerstand zu entwickeln. Ein Beispiel ist das von uns initiierte erfolgreiche Bürgerbegehren zur Erhaltung des einzigen Freibades in Bottrop. Gegen die Erhöhung der Grundsteuer haben wir über 10.000 Unterschriften gesammelt. Dieser Druck hat immerhin bewirkt, dass die Erhöhung geringer ausfiel als ursprünglich von der Verwaltung geplant. Als einzige Ratspartei führen wir regelmäßig Aktionen wie „DKP vor Ort“ durch, bei denen wir in Stadtteilen die Bürger über geplante Maßnahmen informieren und damit Widerstand organisieren, zum Beispiel gegen Straßenbaubeiträge, die Bebauung von Grünflächen oder gegen Mietwucher der Wohnungskonzerne Vonovia und VIVAWEST.

UZ: Wie schränken euch die Auswirkungen der Corona-Pandemie ein?

Michael Gerber: Am Beginn der Corona-Pandemie hatten wir den Oberbürgermeister aufgefordert, Mund-Nasen-Masken kostenlos an die Bevölkerung zu verteilen. Nachdem nichts geschah, hat die DKP 1.000 Masken besorgt, um sie kostenlos auf dem zentralen Platz der Stadt zu verteilen. Dies wurde uns vom Krisenstab der Stadt untersagt. Trotzdem kamen viele Menschen zu der angekündigten Verteilung und waren entsetzt über das Verbot durch das Ordnungsamt. Wir haben dann einen Großteil der Masken an die Obdachlosenarbeit der Evangelischen Sozialberatung und das Autismuszentrum in Bottrop abgegeben. Beide Stellen hatten sich vorher vergeblich um Unterstützung bei der Beschaffung von Masken an die Stadtspitze gewandt. Die Corona-Situation hat die soziale Lage der sogenannten „kleinen Leute“ – also vor allem der Arbeiterklasse – massiv verschärft. Gegen den Klassenkampf von oben haben wir eine Kundgebung vor dem Rathaus durchgeführt unter dem Motto: „Solidarität in Corona-Zeiten – Wir zahlen nicht für eure Krise!“ Politisch weiter präsent waren wir durch die Verteilung unserer Stadtzeitung „UZ-Notizen“ in einer Auflage von 60.000 sowie einigen Nachbarschaftsbriefen. Unsere regelmäßigen Infostände und auch die Aktionen „DKP vor Ort“ können wir erst jetzt wieder aufnehmen.

UZ: Welche Schwerpunktthemen habt ihr euch gesetzt?

Michael Gerber: Wir unterstützen aktuell eine Familie bei ihrer Klage gegen den VIVAWEST-Wohnungskonzern. Wir setzen damit ein Zeichen der praktischen Solidarität gegen Mietwucher. Zur Unterstützung armer Menschen in der Corona-Zeit haben wir konkrete Forderungen aufgestellt, die im August auch von den Ratsparteien beraten werden. Gegen die Transitautobahn A 52 läuft aktuell die Offenlage zum geplanten Monsterkreuz an der A 2. Gemeinsam mit der DKP Gladbeck und den Bürgerinitiativen werden wir über die Umweltzerstörung aufklären und Einsprüche organisieren. Ebenso werden wir unseren Widerstand gegen die Zerstörung innerstädtischer Grünflächen fortsetzen.

UZ: Wir haben in der UZ über eure Aktivitäten gegen die Belastung der Umwelt durch die Kokerei berichtet. Wie ist da der aktuelle Stand?

Michael Gerber: Aktuell haben wir gegen die Einstellung der Ermittlungen der Essener Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen der Kokerei von ArcelorMittal wegen gefährlicher Körperverletzung durch die Umweltvergiftung durch das krebserzeugende Benzo(a)pyren Beschwerde bei der Generalstaatsanwältin eingelegt. In Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative werden wir weiter öffentlichen Druck machen. ArcelorMittal will aus Profitgründen nicht in die Modernisierung der Kokerei investieren und gefährdet damit die Arbeitsplätze der Beschäftigten und die Gesundheit der Anwohner.

UZ: Wie macht sich die Präsenz der DKP im Rat für die Bürger bemerkbar?

Michael Gerber: Wir handeln nach dem Motto: „DKP im Rat der Stadt – damit man draußen sieht, was drinnen geschieht!“ So haben wir an die Öffentlichkeit gebracht, dass bei der Müllabfuhr die tarifliche Erfolgsbeteiligung für die Beschäftigten als „Strafe für Aufmüpfigkeit“ von 150.000 Euro auf 100.000 Euro gesenkt wurde, während die Vorstandsmitglieder üppige Sonderzahlungen erhalten haben. Mir wurde deshalb der Prozess gemacht. Er endete mit Freispruch. Das Wichtigste war jedoch, im darauffolgenden Jahr bekamen die Kolleginnen und Kollegen wieder die alte Summe in Höhe von 150.000 Euro ausgezahlt!

UZ: Welche Höhepunkte habt ihr euch noch für den Wahlkampf vorgenommen?

Michael Gerber: Unser traditionelles Marktfest können wir am 5. September Corona-bedingt leider nicht durchführen. Wir konzentrieren uns auf wöchentliche Info-Stände in der Innenstadt sowie auf den Wochenmärkten in den Stadtteilen. Die Lautsprecherwerbung durch PKWs werden wir intensiv nutzen. Wir planen auch einige spektakuläre Aktionen, um auf gravierende Probleme wie Mietwucher und die soziale Lage der arbeitenden Menschen aufmerksam zu machen. Ein langweiliger Wahlkampf wird es nicht!

UZ: Können euch Genossinnen und Genossen der DKP aus der Umgebung in der heißen Wahlkampfphase helfen – und wenn ja, wie?

Michael Gerber: Am Samstag, 1. August, wollen wir unsere Wahlplakate aufhängen. Dafür ist die Hilfe aus Nachbarkreisen sehr willkommen. Neben unserer Stadtzeitung bereiten wir viele Nachbarschaftsbriefe unserer 27 Kandidatinnen und Kandidaten in den Wahlkreisen vor. Auch da können uns Genossinnen und Genossen bei der Verteilung unterstützen. Die Bottroper Parteimitglieder können sich dann stärker um die Organisierung der Briefwahl und die persönlichen Gespräche mit unseren Wählerinnen und Wählern kümmern.

Die Fragen stellte Werner Sarbok

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"Aufmüpfig seit Jahrzehnten", UZ vom 17. Juli 2020



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