Noch keine Einigung über die Nachfolge Gaucks

Bundespräsident/in gesucht

Von nh

Vier Monate vor der Bundespräsidentenwahl wird immer noch über mögliche Kandidatinnen und Kandidaten diskutiert. Spekuliert wurde und wird u. a. über Schäuble, Steinmeier, Kretschmann, von der Leyen, Voßkuhle, Allmendinger, Huber und Ex-Kanzler Schröder. Voßkühle steht nicht zur Verfügung. Er will Vorsitzender des Bundesverfassungsgerichtes bleiben.

So hat sich bislang keine Partei festgelegt. Außer der AfD. Die schickt den 74-jährigen Alfred Glaser, früher Mitglied der CDU, ins Rennen.

Heribert Prantl nannte das Verhalten der anderen Parteien Mitte August in der „Süddeutschen Zeitung“ ein „Mikadospiel“ (SZ vom 14.8.): Wer sich zuerst bewegt, verliert. Die Große Koalition ist seit Monaten zerstritten. Der Bundestagswahlkampf steht bevor. Prantl meinte, dass deshalb weder Union noch SPD ein großkoalitionäres Signal wollen; also würde es keinen gemeinsamen Kandidaten geben.

Gibt es statt dessen am 12. Februar 2017, dem Tag der Wahl, eine Situation wie am Ende der Großen Koalition 1969, als alle Parteien eigene Kandidaten vorschlugen und letztlich Gustav Heinemann (SPD) mit den Stimmen der FDP gewählt wurde?

Oder suchen die Parteien der Großen Koalition nun doch nach einem gemeinsamen Vorschlag? Vor knapp zwei Wochen berichtete der „Spiegel“, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel und CSU-Chef Horst Seehofer hätten sich bei einem Treffen darauf geeinigt. Damit solle verhindert werden, dass es einen Kandidaten eines Bündnisses aus SPD, Linken und Grünen oder einen schwarz-grünen Bewerber geben wird. Der Vorsitzende der Partei „Die Linke“, Bernd Riexinger, wies dagegen gegenüber dem „Handelsblatt“ Berichte als falsch zurück, denen zufolge die Bemühungen des „linken Lagers“ gescheitert seien, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen: „Die Landtagswahlen sind vorbei, gerade jetzt müsste wieder Bewegung in die Sache kommen.“ Riexinger plädierte für eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger Gaucks, die oder der für soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden stehe. „Ob mit oder ohne Parteibuch, das ist zweitrangig“.

Vor einigen Tagen schlug nun SPD-Generalsekretärin Katarina Barley Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ erklärte sie: „Steinmeier wäre ein hervorragendes Staatsoberhaupt.“ Er sei momentan der populärste Politiker Deutschlands. Der Sozialdemokrat liegt in Umfragen knapp vor Baden-Württembergs grünem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.

Für die Union ist er aber wohl nicht wählbar – für die Linkspartei andererseits nicht vermittelbar. Und selbst in der SPD ist man sich nicht einig. Dort werden zudem Stimmen gegen Absprachen mit der Union laut . Das sei „überhaupt noch nicht ausgemacht“, sagte Axel Schäfer, stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion, der „Bild am Sonntag“.

Die SPD hat „keinen Mumm“, meinte Gregor Gysi am 25. September im „Bericht aus Berlin“. Wohl auch mit Blick auf mögliche Absprachen in der Großen Koalition. Man müsse einen Kandidaten aufstellen, „wo die Grünen nicht nein sagen können, wo wir nicht nein sagen können und die SPD“, erklärte er und hofft wohl noch immer auf eine Einigung. Denn noch im Sommer hieß es in der SPD, man wolle mit der Linkspartei und den Grünen nach einem gemeinsamen Kandidaten bzw. einer Kandidatin suchen.

Auch im Hinblick auf ein Bündnis der SPD und der Grünen mit der Linkspartei zur Bundestagswahl im nächsten Jahr macht sich Gregor Gysi nach wie vor Hoffnung. Die Union müsse in die Opposition geschickt werden, um den „konservativen Teil der AfD-Wähler zu integrieren“. Aber auch die Linkspartei sei gefragt: „Die SPD muss so unter Druck gesetzt werden von links, dass sie wenigstens wieder sozialdemokratisch wird.“

Doch selbst wenn man sich doch noch auf eine gemeinsame Kandidatin bzw. einen Kandidaten einigen würde, bräuchte man in der Bundesversammlung, in der am 12. Februar der neue Bundespräsident oder die Bundespräsidentin gewählt werden soll, Unterstützung von Wahlmännern bzw. -frauen anderer Parteien. Denn ein Bewerber bzw. eine Bewerberin von CDU, CSU und SPD könnte – wie 2012 bei der Wahl Gaucks geschehen – auf eine breite Mehrheit hoffen. Die Union stellt 542 bis 543 Mitglieder der Bundesversammlung, die SPD 386 bis 388. Die absolute Mehrheit liegt bei 631 Stimmen.

SPD, Linkspartei und Grüne kämen zusammen auf 625 Stimmen und würden die absolute Mehrheit um sechs Stimmen verfehlen. Doch die Piraten (12 Wahlfrauen bzw. -männer) haben bereits mögliche Unterstützung angekündigt.

Aber Gregor Gysi wird wohl vergeblich darauf warten, dass die SPD ihren „Mumm“ wiederfindet. Und auch eine gemeinsame Regierungskoaliton nach den Bundestagswahlen 2017 mit SPD und Grünen ist eher unwahrscheinlich.

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"Bundespräsident/in gesucht", UZ vom 7. Oktober 2016



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