IS-Kämpfer als Popstars

Dem Dschihad ein Kind schenken

Von bg

In der vergangenen Woche erhängte sich der 49-jährige Ercan B. aus Geesthacht (Kreis Herzogtum Lauenburg), nachdem seine 18-jährige Tochter Ece spurlos verschwunden war. Vermutlich befindet sie sich auf dem Weg nach Syrien, um sich dort dem „Heiligen Krieg“ anzuschließen.

Mit Ece B. ist auch die 17-jährige Merve S. aus Hamburg verschwunden. Die Gesamtschülerin aus Geesthacht und die angehende Verkäuferin haben sich in sozialen Netzwerken im Internet kennen gelernt.

Insgesamt sind etwa 700 Personen aus der BRD nach Syrien gereist, um sich den Terrorbanden des Islamischen Staates (IS) anzuschließen. Davon 50 aus Hamburg und 23 aus Schleswig-Holstein. 80 der ausgereisten männlichen Personen kamen im „heiligen Krieg“ ums Leben. Ein Drittel ist inzwischen zurück gekehrt, zehn davon nach Hamburg. Ob sie in Kampfhandlungen verwickelt waren, ist nicht bekannt. Schätzungen zufolge sind 10 Prozent der ausgereisten Personen weiblich, davon wiederum 40 Prozent jünger als 25 Jahre, jede sechste von ihnen ist minderjährig.

H-I-A-S – Hamburg – Istanbul – Antep (Gaziantep in Kurdistan, Grenzort zu Syrien) – Syrien. Das ist die Route, die Ece B. und Merve S. vermutlich genommen haben. Weder Ece B. noch Merve S. wurden tief religiös erzogen. Trotzdem wandten sich beide – zur Überraschung ihrer Familien – zunehmend dem Glauben zu, was sich auch in Äußerlichkeiten, vor allem der Kleidung äußerte. Die Mutter von Merve S. berichtete dem NDR gegenüber, die Tochter habe plötzlich auf dem Boden geschlafen. Angeblich wegen Rückenproblemen, aber rückblickend sei das wohl eine der gestellten Aufgaben gewesen, um sich auf das harte Leben im IS-Camp vorzubereiten.

Junge Frauen aus der Bundesrepublik

landen als Sex-Sklavinnen und Gebärmaschinen beim IS

Nun stellt sich die Frage: Was suchen diese Mädchen beim IS? Die Antwort liefert Claudia Dantschke von der Islamismus-Beratungsstelle „Hayat“: die jungen Frauen himmeln die Dschihadisten an und bejubeln sie wie Popstars. Durch Netzwerke, die sich vor allem in Internetforen ausbreiten und die Kommunikationsmöglichkeiten dort ausnutzen, werden sie „eingeladen“, sich dem IS anzuschließen. In diesen Netzwerken agieren junge Frauen, die andere junge Frauen anwerben, und das Leben in Syrien quasi als Paradies – und vor allem Gott bzw. Allah gefällig beschreiben.

Die Realität sieht etwas anders aus. „Die muslimische Frau spielt im Befreiungskampf eine ebenso wichtige Rolle wie der Mann, denn sie bringt Männer hervor, und ihre Rolle in der Orientierung und Erziehung der nächsten Generationen ist bedeutend“, heißt es in Artikel 17 der Gründungscharta der HAMAS vom 18. 8. 1988. Und in Artikel 18: „Die Frau im im Dschihad engagierten Haus oder in der im Dschihad engagierten Familie, sei sie nun Mutter oder Schwester, hat eine ganz besonders bedeutende Rolle in der Führung des Haushalts und der Unterweisung der Kinder in den aus dem Islam abgeleiteteten moralischen Vorstellungen und Werten und in der Erfüllung der religiösen Pflichten in Vorbereitung auf deren Rolle als Dschihad-Kämpfer, die sie erwartet.“

Dem Dschihad ein Kind schenken, darum geht es auch beim IS. Bzw. die jungen Frauen werden zunächst einmal rekrutiert, um die sexuellen Gelüste der jungen Dschihadisten zu befriedigen. Im Frauen-Internierungslager in Raqqa (Nordsyrien) werden ihnen Handys und Ausweispapiere weggenommen. Sie selbst werden völlig isoliert. Dann werden sie auf ihre Rolle als „muslimische Frau im Befreiungskampf“ vorbereitet, an irgendeinen Gotteskrieger verheiratet, z. T. als Zweit- oder Drittfrau, und als Sexobjekt rumgereicht. Sex-Sklavin im Gotteskrieg, die dem Dschihad viele kleine Kämpfer schenken sollen, das ist die bittere Realität, die Erce B. und Merve S. in Syrien erwartet.

Laut Hayat sind zirka 20 Werberinnen im Internet ausschließlich damit beschäftigt, junge Frauen anzulocken, miteinander bekannt zu machen und für den Dschihad bzw. die Gotteskrieger zu begeistern. Bislang offenbar völlig unbehelligt. Die zuständigen Behörden beklagen lieber ihre angebliche Macht- und Hilflosigkeit, anstatt diesen Sumpf trocken zu legen.

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"Dem Dschihad ein Kind schenken", UZ vom 3. Juli 2015



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