Polizei macht Nazis den Weg mit viel Pfefferspray frei

Dortmunder Verhältnisse

Von Dome

Viel wurde schon vom Neonaziaufmarsch in Dortmund am 4. Juni, bei dem etwa 900 Nazis, 4 000 Gegendemonstranten und 5 000 Polizisten auf der Straße waren, berichtet. Während die bürgerliche Presse von „Linksautonomen Gewalttätern“ spricht, zeichnen die Besucher der Demo ein anderes Bild.

Im Vordergrund steht dabei der übermäßige und unrechtmäßige Einsatz von Pfefferspray gegen friedliche Demonstranten. So berichtete die „junge Welt“: „Ohne Vorwarnung sprühten sie am Boden Sitzenden Pfefferspray in die Augen und schlugen auf sie ein. Vor allem Berliner Polizeibeamte taten sich hierbei wiederholt hervor und mussten teils von Kollegen aus anderen Bundesländern gestoppt werden.“ Auch ein WDR-Reporter beobachtete, wie die Polizei gegen Demonstranten, die eine Barriere aus aufblasbaren Spiegelwürfeln errichtet hatten, ohne Vorwarnung massiv Pfefferspray einsetzte. Sogar ein Journalist soll von einer Polizei-Einheit aus Bayern angegriffen worden sein.

Laut einem Kommentar der SPD Huckarde auf der Internetseite der „Nordstadtblogger“ wäre im Zuge des Polizeieinsatzes auch ein „zehnjähriger gänzlich unbeteiligter Junge“ mit Pfefferspray besprüht worden. Zudem berichten sie davon, wie die Polizei scheinbar ohne Provokation in die Menge stürmte, um junge Menschen festzusetzen. Dabei stießen sie Passanten um und „trieben sie wie eine Herde vor sich her“. Anscheinend bekam auch ein 60-Jähriger, der sich wütend mit erhobenen Händen gegen die Polizisten stellte, „eins auf die Nase“.

Doch da hört es nicht auf. Iris Bernert-Leushacke, Sprecherin von BlokaDO, äußerte gegenüber UZ, dass bereits am Morgen Pfefferspray eingesetzt wurde. Als eine etwa 700 Menschen große Demonstration sich von dem angemeldeten Treffpunkt „P&R-Parkplatz“ zur U-Bahn-Haltestelle „Hafen“ bewegen wollte, wurde sie von der Polizei ohne jede Warnung massiv mit Pfefferspray angegriffen.

Zudem berichtete eine Demonstrantin gegenüber der UZ, sie habe mitbekommen, wie zwei Polizisten in ihren Bericht schrieben, dass sie durch Fremdpfefferspray verletzt wurden. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass sie nur ihr eigenes Pfefferspray in die Augen bekommen haben. Weiter erzählte diese Demonstrantin, wie bei der Durchsuchung ihrer Sachen ein Polizist ihre Tampons und Binden anfasste mit Handschuhen, die voller Pfefferspray waren, trotz ihrer Bitte es nicht zu tun. Tatsächlich öffnete er noch eine geschlossene Packung und fasste die Tampons darin an. Auch gestattete man ihr nicht, sich die Hände, die ebenfalls voller Pfefferspray waren, ausreichend zu reinigen. Die Folge waren starke Reizungen und Schmerzen.

Dies sind nur einige Beispiele, die Vertreter der Presse mitbekommen haben. Von weiteren Übergriffen ist auszugehen. Aber auch die dokumentierten Übergriffe werden voraussichtlich kein Nachspiel haben, da Polizisten auf Demos quasi anonym sind. Eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten ist für eine Aufklärung unabdingbar.

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"Dortmunder Verhältnisse", UZ vom 17. Juni 2016



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