Ein Kommunist in der Nachkriegszeit

Anlässlich des 50. Todestags von Erwin Eckert (1893 bis 1972) legte der Marburger Historiker Friedrich-Martin Balzer als „Schlusspunkt“ seiner jahrelangen Beschäftigung mit dem Wirken des 1931 in die KPD eingetretenen Pfarrers eine umfangreiche Sammlung von Texten und Reden im badischen und später baden-württembergischen Landtag vor.

Eckert war, wie Balzer in seiner Einführung und mit ergänzendem Material anschaulich nachzeichnet, ein christlich geprägter Kommunist, der nach 1945 ungebrochen für einen antifaschistisch-demokratischen Neubeginn wirkte. Er war in diesen Jahren eine der populärsten Persönlichkeiten der westdeutschen kommunistischen Bewegung, was zum Beispiel die guten Wahlergebnisse für die KPD in seinem Wahlkreis Mannheim zeigten.

Wie Gerd Meyer in einem Exkurs zu den „Einigungsbestrebungen zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten in Südbaden nach 1945“ zeigt, war die Bereitschaft für einen antifaschistischen Neuanfang in Baden sehr ausgeprägt. In diesem Umfeld setzte sich Eckert mit großem Engagement und rhetorischem Geschick für die Forderungen aller Antifaschisten ein: für die Umsetzung der Potsdamer Beschlüsse, eine demokratische Bodenreform, soziale und betriebliche Rechte, für Entschädigung und die Lösung der Wohnungsfrage. Selbst um den Erhalt von Naturschutzgebieten und kultur- und kunstgeschichtlich wertvollen Bauten machte er sich Gedanken.

Mit diesem Engagement für antifaschistische und sozialistische Ziele stand er im Fokus der reaktionären Kräfte, die den Weg der Weststaatgründung, der Renazifizierung und Remilitarisierung beschritten. Ein populärer Kommunist, der sich in aller Klarheit gegen diese Restauration öffentlich äußerte, konnte dabei nur stören. Und so geriet Eckert mehrfach in das politische Fadenkreuz der Reaktion und ihrer Instrumente. Sein Vorteil war, dass er die Tribüne des Landtags nutzen konnte, um Denunziationen wie die „Aktentaschen-Affäre“ oder die „Aktion Vulkan“, die im Auftrag der Adenauer-Regierung den Ost-West-Handel zwischen BRD und DDR behindern sollte, öffentlich zu entlarven. Am 27. Juli 1954 stellte er im Landtag von Baden-Württemberg die bis heute aktuelle Frage: „Wer schützt die Verfassung vor dem Verfassungsschutz?“ Er setzte sich dabei auch für aufrechte Demokraten ein, als beispielsweise der Staatsminister für Wiedergutmachung Otto Küster, christlicher Jurist und Antifaschist, wegen eines persönlichen Briefes an einen CDU-Abgeordneten aus seinem Amt entfernt wurde.

Bis zuletzt nutzte Eckert die Tribüne des Parlaments, um gegen die zunehmenden Angriffe auf die KPD und andere demokratische Organisationen und gesellschaftliche Kräfte, die sich der Remilitarisierung entgegenstellten, zu protestieren.

Ausgehend von der Überzeugung „Nie wieder Krieg!“ wehrte sich Eckert auf allen politischen Ebenen gegen die Politik der Remilitarisierung. Selbst wenn ihm immer wieder entgegengehalten wurde, dass die BRD angeblich keine Wiederbewaffnung plane und das Thema außerdem gar nicht in die Kompetenz des Landtags falle, ließ er sich – trotz Ordnungsrufen und Störfeuern von anderen Parlamentariern – nicht davon abhalten, die Friedensforderungen zu Gehör zu bringen. Nach seiner Zeit als Landtagsabgeordneter engagierte er sich weiterhin im Friedenskampf. In einem umfangreichen Grundsatzreferat auf dem Friedenskongress 1958 in Dortmund antwortete er auf die Frage: „Was können, was müssen wir tun, um den Frieden zu erhalten?“ Für dieses Engagement wurde er im April 1960 von einem BRD-Gericht zu neun Monaten Gefängnis (auf Bewährung) verurteilt.

Damit sind die hier veröffentlichten über 100 Reden und Texte von Erwin Eckert ein lebendiges Spiegelbild der frühen Jahre der alten BRD. Sie zeigen, wie der antikommunistische Furor das gesellschaftliche Leben durchzog und unter welchen schwierigen Bedingungen und mit welcher persönlichen Überzeugungskraft linke Politik möglich war. Für dieses hervorragend eingeleitete Material sei dem Herausgeber gedankt.


Friedrich-Martin Balzer (Hrsg.)
Erwin Eckert – Antifaschismus. Frieden. Demokratie
Reden und Texte (1945–1959) in zwei Bänden
Neue Impulse Verlag Essen 2021, 824 Seiten, 39,60 Euro
Erhältlich unter uzshop.de


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"Ein Kommunist in der Nachkriegszeit", UZ vom 17. Dezember 2021



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