DKP-Parteivorstand beriet über Krise, Bildungsheft und Bundestagswahl

Einbindungsstrategien des Kapitals

Die zweite Tagung des DKP-Parteivorstandes fand – wie gehabt unter Pandemie-Bedingungen – am vergangenen Wochenende im Essener DGB-Haus statt.

Am Samstag beschäftigte sich der Parteivorstand im Schwerpunkt mit der Einschätzungen zur aktuellen Krise. Dazu stellte Stephan Müller im Referat fest: „Die zyklische Krise wurde vor der Pandemie von den großen Konzernen in der Größenordnung der Krise von 2009 erwartet, das heißt ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um knapp 6 Prozent (2009 minus 5,7 Prozent). …Mit Hilfe der Krisenprogramme versucht die Finanzoligarchie und ihre Regierung die Krise nun in diesem Rahmen zu halten.“ Müller führte weiter aus, was das bedeutet: „Für große Unternehmen erhöht der Bund den Garantierahmen zur Kreditabsicherung um 357 Milliarden Euro auf nun 820 Milliarden Euro. Dazu kommen Steuergeschenke. … Die Steuerlast wird in der BRD allerdings zu etwa zwei Dritteln mit der Lohn- und Umsatz- beziehungsweise Mehrwertsteuer von der Masse der Bevölkerung getragen, die so schon letztlich die Hilfspakete für die Kapitalisten finanzieren wird. Das Kurzarbeitsgeld wird sogar aus unseren eigenen Sozialkassen bezahlt, bis diese leer sind.“ Das wird geschätzt am Ende des Jahres soweit sein.

Kein Wunder also, dass die Bundesregierung alles tut, um die Bevölkerung mit der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes gegen Massenarbeitslosigkeit ruhig zu stellen. Denn „wenn mit den Staatsmilliarden die Abwärtsspirale nicht aufgehalten wird, ist ein pessimistisches Szenario anzunehmen mit einem BIP-Einbruch in der BRD von vielleicht 20 Prozent, das hieße dann auch ein Wegbrechen eines großen Teils der produzierenden Industrie mit weiteren Folgen für die anderen Bereiche der Wirtschaft. Das würde Erwerbslosigkeit für weitere Millionen in der Arbeiterklasse bedeuten, noch mehr Millionen ruinierte Kleinbürger, Börsencrash, Eurokrise, Systemkrise und entsprechende Notstandsmaßnahmen.“ Damit zeige der deutsche Imperialismus „seine Überlebtheit, seine Angreifbarkeit und dass alle materiellen Voraussetzungen geschaffen sind, um dieses mörderische System zu überwinden. Das ist den Herrschenden durchaus bewusst, wie in den bekanntgewordenen Strategiepapieren aus Regierung und Kapital deutlich wird.“

In der Diskussion zum Referat stellte Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, fest, dass es in diesem Land eine Tendenz zur Massenverelendung durch die Krise gibt, diese aber bisher nicht zum Widerstand führe. „Die 50 Prozent, die in NRW nicht zur Kommunalwahl gegangen sind, stellen nicht die Legitimation der Herrschenden in Frage“, so Köbele. Dazu wichtige Teile der Arbeiterklasse, die sich über die Ideologie der Sozialpartnerschaft einbinden lassen, das führt zu einer gewissen „strategischen Ratlosigkeit“. Gegen diese konnte die Diskussion Abhilfe schaffen. In der Diskussion wurde auf die wichtigen Felder Miete und Gesundheitspolitik hingewiesen, genau wie auf die wichtige Rolle, die der Tarifkampf im Öffentlichen Dienst für die Frage des Widerstands der Arbeiterklasse spielt. Vor allem gehe es aber darum, „die Vernebelung“ anzugehen. Aufzuzeigen, dass es sich bei der momentanen Krise nicht um eine „Corona-Krise“ handelt und dass Kurzarbeitergeld bedeutet, dass sich die Monopole die Lohnkosten aus der Sozialkasse zahlen lassen, ist Aufgabe von Kommunistinnen und Kommunisten.

Zweiter inhaltlicher Schwerpunkt war die Debatte über die Bildungszeitung der DKP „Reaktionärer Staatsumbau Integration – Formierung – Manipulation“, an der es von einzelnen Mitgliedern der DKP im Vorfeld der PV-Tagung Kritik gegeben hatte. Richard Höhmann, Leiter der Bildungskommission des Parteivorstandes, betonte in seinem einleitenden Referat, dass sich die Bildunsgszeitung schwerpunktmäßig mit Formierungsstrategien des Imperialismus beschäftige. In der Diskussion begrüßte die Mehrheit des Parteivorstands die Bildungszeitung und ihr Herangehen ausdrücklich. Die Ergründung der Strategie der Integration von (Teilen) der Arbeiterklasse in das herrschende System hatte bereits in der Debatte zur Krise eine Rolle gespielt. In der Debatte wurden weitergehende Fragen, so zum Beispiel die der fehlenden Mitbestimmung im Betrieb und ihrer Folgen auf die Verfasstheit des Einzelnen und der Klasse, aufgeworfen. Der Parteivorstand beschloss zur Bildungszeitung eine Diskussionstribüne in der UZ sowie für Mitte Dezember eine (auch virtuell übertragene) Podiumsdiskussion, an der auch Kritiker der Bildungszeitung beteiligt werden sollen.

Die Tagung beschäftigte sich auch mit der Konzeption für die Bundestagswahlen 2021. Schwerpunkte des Wahlkampfes werden der Kampf gegen die wachsende Kriegsgefahr, gegen das Abwälzen der Krisenlasten auf die Werktätigen und das Propagieren der notwendigen Überwindung des Kapitalismus sein. Nach der Debatte über die Bildungszeitung widmete sich der Parteivorstand am Sonntag der kulturellen Bildung, ein entsprechender Antrag der Kulturkommission lag vor. In der mündlichen Begründung zum Antrag betonte Herbert Becker, Stellvertretender Leiter der Kulturkommission: „Kultur muss eingeplant werden als wichtiger Teil des politischen Lebens. Sie muss ein Beitrag sein und nicht nur als Rahmen fungieren. Sie ist selbst Politik.“. Dem – und dem Antrag der Kommission – stimmte der Parteivorstand zu.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Einbindungsstrategien des Kapitals", UZ vom 25. September 2020



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