Auftakt des Untersuchungsausschusses zu Prozess um Lübcke-Mord

Einstimmig, nicht einig

Einstimmig, nicht einig

Der hessische Landtag hat in den vergangenen Tagen einen Untersuchungsausschuss zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke gegründet. Zunächst fällt auf, dass die Einstimmigkeit, mit der die entsprechende Abstimmung ausging, unerwartet war. Bei der AfD hätte man eine Ablehnung erwarten können und die hessische CDU hatte es als Grundsatz ihrer Politik verstanden, keinem Antrag und keiner Personalie der Partei die Linke zuzustimmen. Auch hatte sich die hessische CDU im vergangenen NSU-Untersuchungsausschuss vor allem dadurch hervorgetan, dass ihre leitenden Vertreter, vor allem der damalige Ministerpräsident Volker Bouffier den Ausschuss und die Öffentlichkeit belogen hatten, wie die Verantwortlichen der Partei die Linke danach feststellten. Der NSU-Untersuchungsausschuss ging damals auseinander, ohne sich auf einen gemeinsamen Abschlussbericht einigen zu können.

Mit dieser Erfahrung im Nacken wollte man sich nun auf einen Sozialdemokraten als Vorsitzenden und einen CDU-Abgeordneten als Stellvertreter einigen, so die Vorstellung der Oppositionsparteien SPD, FDP und Linke. Am 26. Juli wurde dann zu einer 3-Punkte-Tagesordnung eingeladen. Wahlen, Termine und Verschiedenes standen auf dem sonst fast vollkommen leeren Blatt. Vor Ort selbst kam es dann anders. Die CDU setzt ihren Kandidaten Christian Heinz durch. Die Opposition schlug als einzelnen Kandidaten den Linken-Politiker Hermann Schaus vor. Er wurde ebenfalls gewählt. Die Bezeichnung Heinz´ als „Konsenskandidaten“ durch die Abgeordneten der Regierungskoalition aus CDU und der Grünen wies er im Interview mit der jungen Welt zurück.

Der Ausschuss hat die Ausrichtung, auch nach einem „Behördenversagen“ zu fragen. Bereits während der Ermittlungen scheint es wieder erste aus dem Umgehen dem mit NSU bestens bekannte „Vorfälle“ gegeben zu haben. Akten über Stefan Ernst und seinen mutmaßlichen Helfer Markus Hartmann wurden gelöscht.

Auf der heutigen zweiten Sitzung wurde über die Beweisanträge abgestimmt, die gestellt werden sollten. Die Hessenschau bezieht sich dabei vor allem darauf, dass Ernst als „Rechtsextremist“ aktenkundig gewesen sei, aber nicht unter Beobachtung gestanden habe. Ob das der Fall ist, oder nicht viel mehr entweder Informationen durch den Verfassungsschutz (VS) einbehalten wurden, wie es der Fall bei Markus Hartmann ist, der nur deswegen Waffen besitzen durfte, weil Erkenntnis über seine neueren Taten innerhalb der neofaschistischen Szene nicht weitergegeben worden waren. Oder ob es sogar weitergeht, wie im Fall Temme, oder beim erst Kasseler, dann Bad Segeberger Neofaschisten Berndt Tödter, dem immer dann, wenn die Nachfragen zu eng wurden, seine Vorsitzenden beim VS oder vom VS bezahlte Anwälte zu Hilfe kamen, wird der weiter verlauf klären.

Die Regierungsparteien CDU und Grüne waren in einer Zwickmühle. Sie meinen nicht, dass der Ausschuss nötig sei, und mussten ihm dennoch zustimmen. Sie hätten ihn nicht gewollt, ihm zuzustimmen sei aber ihre Pflicht, brachte es die CDU-Abgeordnete Ines Claus auf den Punkt. Der Grünen-Fraktionschef Wagner gab die weitere Linie vor: Man müsse aufpassen, dass „wir die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden nicht in Grund und Boden reden“.



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