Seminar „Rechtsentwicklung und reaktionärer Staatsumbau“

Faschismus kommt nicht von den Faschisten

UV

Den roten Faden des Seminars von DKP Regensburg und SDAJ Neumarkt bildeten die Arbeiten von Reinhard Opitz zum Thema Faschismus und Neofaschismus. Gemeinsam mit den Referenten Ursula Vogt und Jürgen Lloyd machten sich 19 Teilnehmende auf die Suche nach Antworten. Im Mittelpunkt standen die Fragen, was ist bürgerliche Herrschaft und das „monopolkapitalistische Integrationsproblem“, also wie sichert die Minderheit ihre Herrschaft über die Mehrheit der Werktätigen und der nichtmonopolistischen Schichten.

„Im Imperialismus aber erhebt die Monopolbourgeoisie Anspruch auf eine Gesellschaft, in der alle ihre Glieder sich als Rädchen in die imperialistische Maschinerie einfügen. (…) Die bessere Fähigkeit der Monopolbourgeoisie eines Landes, ihre Bevölkerung zu einer geschlossenen Heimatfront zusammenzuschweißen wird zum entscheidenden Faktor in deren Konkurrenzkampf gegen die Imperialisten anderer Nationen.“ Und diese „Wendung von der Demokratie zur politischen Reaktion“, wie sie Lenin analysierte, tritt nicht erst in den Zeiten des Faschismus ein, sondern ist unabdingbare Notwendigkeit der Herrschaftssicherung. Jedoch: „Die Durchsetzung monopolkapitalistischer Herrschaft im bürgerlich-liberalen Rahmen und ihre Durchsetzung im Faschismus unterscheiden sich in der Form, mit der die Heimatfront hergestellt wird.“

Ursula Vogt beleuchtete Mechanismen dieser Herrschaftsausübung und folgte hier Thomas Metscher, der als wesentliche Elemente „Lüge, Trug und ideologischen Schein“ herausarbeitet. In aktuellen Beispielen wurde gezeigt, wie Meinungsmanagement und Empörungsmanagement funktionieren, wie Wahrnehmung gesteuert wird. Besonders wurde die Wirkung bürgerlicher Ideologie in der Arbeiterklasse untersucht: von Standortsicherung bis Rassismus. Für das imperialistische System ist es lebenswichtig, dass die Arbeitenden ihre eigene Lage nicht erkennen. Dem entgegen steht das Bewusstsein als bewusstes Sein. Hieraus erwachsen neue Widersprüche; Irrationalismus ist herrschende Normalität. Nach wie vor ist die wesentliche Ideologie zur Einflussnahme auf die Arbeiterklasse der Sozialdemokratismus, die Ideologie der Klassenversöhnung.

Die Integrationsstrategien setzen auf „freiwillige“ Integration, auf eine Verfälschung des Interessenbewusstseins der breiten Masse der Bevölkerung. „Ihnen sollen die Ziele und Zwecke des Monopolkapitals als Inhalte des eigenen Interesses erscheinen.“ Doch dieser Methode sind Grenzen gesetzt, da die Realität nicht widerspruchsfrei ist.

Die Politik der Weimarer Republik wurde untersucht um Schlüsse für aktuelle Auseinandersetzung zu ziehen: Damals drängte der zu neuer Stärke gekommene deutsche Imperialismus zur Neuaufteilung der Welt. Er bedurfte dazu einer möglichst geschlossenen Heimatfront mit Hilfe der offenen terroristischen Diktatur des Faschismus. Auch heute besteht grundsätzlich die Gefahr, dass die „freiwillige“ Integration durch eine mit Gewalt erzwungene ersetzt wird.

„Der rechte Protest markiert also keine neuen Feindbilder, sondern er übernimmt die Ideologien und die Feindbilder der Monopolbourgeoisie. Dann allerdings drängt er auf eine Brutalisierung des Kampfs gegen diese Feinde. (…) Aber faschistische Bewegungen sind nicht nur ein Abfallprodukt der von den Monopolen benötigten und betriebenen Rechtsentwicklung. … Es gibt einen Bedarf der Monopolbourgeoisie an der Existenz und dem Wirken faschistischer Bewegungen. Sie benötigen für den Fall des Versagens der Integrationsstrategien ein Auffangbecken für den Protest.“

Faschismus an der Macht und faschistische Bewegungen sind nicht dasselbe. Kommunisten treten aus der historischen Erfahrung allen Ansätzen entgegen. Die Fokussierung auf diesen Kampf geht jedoch fehl. Der Abbau der sozialen und politischen Rechte wird von den Parteien der herrschenden Eliten vollzogen. Wie nützlich diese hauptseitige Fokussierung auf AfD usw. für die Herrschenden ist, lässt sich daran nachvollziehen, dass in der bürgerlichen Darstellung mittlerweile ja alle einschließlich der CSU „die Mitte“ sind.

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"Faschismus kommt nicht von den Faschisten", UZ vom 21. Februar 2020



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