Fischers Erben auf Kurs

Axel Koppey über das, was von den hessischen Grünen zu erwarten ist

Tarek statt Groko“ – auf ihren Plakaten im hessischen Wahlkampf behaupten die Grünen, dass es irgendwie besser sei, wenn ihr Spitzenmann Tarek Al-Wazir auch in den kommenden vier Jahren Minister bleibt, als wenn die CDU sich mit der SPD auf eine Regierung einigt. Abgesehen davon, dass ich seit dem Jugoslawienkrieg die meisten Grünenpolitiker nur noch mit Nachnamen ansspreche, finde ich dieses Plakat sehr belustigend. Beschreibt es doch offen und ehrlich, was aus der einstigen Öko- und Protestpartei geworden ist. Seit vier Jahren regieren die hessischen Grünen in Koalition mit der CDU. Herr Al-Wazir, stellvertretender Ministerpräsident und rechte Hand von Volker Bouffier, in den Fußstapfen des Herrn Fischer als politischer Trendsetter. Genau, jener Herr Fischer, der erst in Wiesbaden als Umweltminister turnschuhte, um dann bundesweit mit Schröder die Interessen der Banken und Konzerne mit Kriegseinsätzen zu wahren. Schon die allererste rot-grüne Koalition durfte Hessen über sich ergehen lassen, nun geht auch die erste schwarz-grüne Landesregierung in einem Flächenland zu Ende.

Ein kurzer Blick auf die Ergebnisse der letzten vier Jahre zeigt schnell, wie sehr Herr Al-Wazir dem Herrn Fischer folgt: Machterhalt steht über allem. Was ist nur aus dieser grünen Partei geworden, die umweltpolitische Themen aufgegriffen hat und auch mal Teil der bundesweiten Friedensbewegung gewesen ist. Ökopartei? Schon lange nicht mehr.

Die Auseinandersetzung um den Frankfurter Flughafen war lange Zeit eines der wichtigsten Politikfelder im Rhein-Main-Gebiet und auch die Grünen taten so, als wären sie Teil des Protests gegen die Fraport AG. Also mit den Grünen den Ausbau des Frankfurter Flughafens mit Terminal 3 stoppen? Nicht doch, der Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ist doch der Herr Al-Wazir und das Land Hessen ist doch an der Fraport mit über 30 Prozent beteiligt. Kapitalinteressen statt Umweltschutz. Lärmschutz für die geplagten Anwohner? Doch nicht mit dem grünen Verantwortlichen. Die beiden letzten Asylpakete wurden im Bundesrat auch mit hessisch-grüner Unterstützung durchgesetzt und bereits von 2014 bis 2016 wurde unter schwarz-grüner Regierung die Zahl der Abschiebungen über den Frankfurter Flughafen mehr als verdoppelt. 260 Kreise, Städte und Kommunen wurden unter dem sogenannten Schuldenschirm zur Rotstiftpolitik gezwungen – natürlich vor allem in der Sozial- und Kulturpolitik. Das ist Schwarz-Grün zum Anfassen. Was bitte unterscheidet diese Koalition von jeder anderen Regierungskoalition?

Nichts. Umso lustiger das „Tarek statt Groko“-Plakat. Für alle, die sich nicht mehr um den Herrn Fischer gekümmert haben (es ist im Übrigen richterlich untersagt, ihn als Kriegsverbrecher zu bezeichnen), sei erwähnt, was er nach seiner Außenministerkarriere so gemacht hat: Er war Lobbyist und Berater unter anderem für RWE, Siemens und BMW. Und wer ins Nachbarländle Baden-Württemberg schaut, kann studieren, wie ein grüner Ministerpräsident knallhart und brutalstmöglich ökologische Interessen gegen die dortige Automobilindustrie durchsetzt.

Herr Al-Wazir hofft, dass er diesen Weg als Minister weitergehen wird, den seine Partei als Ganzes eingeschlagen hat: Im Zweifel für das Kapital – der Profit ist wichtiger als die Interessen der Bevölkerung.

Axel Koppey ist Bezirksvorsitzender der DKP Hessen.

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"Fischers Erben auf Kurs", UZ vom 26. Oktober 2018



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