Fortschritt und Schwäche im Antifa-Abschnitt

Von Jürgen Lloyd

Auf dem ersten Blick dürften die 42 Zeilen des Abschnitts „Unser antifaschistischer Kampf“ im Entwurf für den Leitantrag keine kontroversen Debatten herausfordern. Zwar ist der Abschnitt etwas ausführlicher als in den Texten vorhergehender Parteitage, aber die Inhalte bergen wohl für kein Mitglied unserer Partei eine Überraschung. Das gilt auch für die in Zeile 360 stehende Aussage: „Wir machen deutlich, dass Faschismus an der Macht die Diktatur der aggressivsten und am meisten reaktionären Teile des Finanzkapitals ist“ – wird doch hier die Bestimmung des Faschismus vom VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale zitiert, die sich entgegen aller Kritik, die von bürgerlicher Seite und von rechten und „linken“ Opportunisten auf sie zielte, in den antifaschistischen Kämpfen seither stets als zutreffend bestätigt hat. Dennoch belegt gerade dieses Zitat, während es einerseits einen Fortschritt in diesem Leitantrag darstellt, andererseits eine grundlegende Schwäche.

Der Fortschritt besteht darin, dass es dieses Zitat überhaupt gibt: Es ist das nicht hoch genug zu schätzende Verdienst der kommunistischen Weltbewegung, mit dieser Bestimmung des Charakters von Faschismus und mit der damit einhergehenden antifaschistischen Bündnisstrategie eine tragfähige und weit über den antifaschistischen Kampf hinausgehende Orientierung erarbeitet zu haben. Niemand sonst, außer den Kommunisten, hat etwas auch nur annähernd Gleichrangiges geschafft. Darum ist es gut, dass in einem Leitantrag erstmals seit langer Zeit daran angeknüpft wird.

Die Schwäche besteht darin, dass die Forderung des Leitantrags, „wir machen deutlich…“, auf tönernen Füßen steht. Denn wo und wie machen wir das denn wirklich deutlich? In den übrigen Passagen des Antifa-Abschnitts wird es zumindest nicht immer deutlich. Sonst würde die Forderung nach den „möglichst breiten Bündnissen“ nicht so daherkommen, als wäre die Breite selber das Kriterium für unsere Bündnisse. Wir würden stattdessen deutlich machen, dass wir gerade wegen unserer kommunistischen Sicht auf die imperialistische Klassengesellschaft auf Bündnisse orientieren, die Ausdruck der realen Frontstellung gegen die Monopolbourgeoisie sind, also gegen die einzige Klasse, die am Faschismus interessiert ist. Und nur so, als Ausdruck realer, an Klasseninteressen festzumachender Frontstellungen im antifaschistischen Kampf, können und müssen wir Bündnisse suchen und fördern, die dann in der Tat sehr breit angelegt sind.

Findet sich die Erkenntnis vom Wesen des Faschismus an der Macht in der antifaschistischen Arbeit der DKP vor Ort wieder? Ich denke, auch dies wäre zumindest ausbaufähig. Wenn es aber für die konkrete Arbeit ohne Folgen ist, bleibt nur noch, dass wir dann uns selber und unseren Mitstreitern diese Erkenntnis in der Form „und außerdem muss ich noch sagen…“ hinterhertheoretisieren. Das ist aber keine passende Politik für eine Partei, die die Welt verändern will und nicht bloß anders interpretieren.

Mit dem sich für Kommunistinnen und Kommunisten gehörenden Optimismus lässt sich der Antifa-Abschnitt als Ankündigung verstehen, die Kraft unserer marxistisch-leninistischen Weltanschauung – und die von Dimitroff vorgetragene Faschismus-Definition ist ein wichtiger Teil hiervon – dazu zu nutzen, unsere Politik im antifaschistischen Kampf zunehmend zu qualifizieren. Das würde uns und die antifaschistische Bewegung stärken.

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"Fortschritt und Schwäche im Antifa-Abschnitt", UZ vom 10. Juli 2015



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