In der vergangenen Woche starb Kurt Pätzold nach schwerer Krankheit in Berlin. Mit ihm verlor die Linke im Land einen der angesehensten marxistischen Historiker und Faschismusforscher.
Pätzold war bis zuletzt publizistisch tätig. In den vergangenen Jahren erschienen von ihm nicht nur Artikel, sondern auch Bücher wie „Der Überfall. Der 22. Juni 1941: Ursachen, Pläne und Folgen“ und „Deutschland 1933-39 – Vorkrieg“ sowie „Deutschland 1939-45 – Krieg“ (alle 2016).
Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehörten die Geschichte des Faschismus und der NSDAP, Entwicklungen im Bereich des Geschichtsrevisionismus sowie die Geschichte des Antisemitismus und der Judenverfolgung. Immer wieder beschäftigte er sich mit der Rolle der Volksmassen in der Geschichte und wandte sich gegen Vereinfachungen durch einige marxistische Historikerkollegen.
Kurt Pätzold war Sprecher des Marxistischen Forums der Partei „Die Linke“ und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften sowie der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Geboren 1930 in Breslau, studierte er nach dem Krieg ab 1948 in Jena Geschichte, Philosophie und politische Ökonomie. 1963 wurde Pätzold mit einer Arbeit über den Zeiss-Konzern in der Wirtschaftskrise promoviert. 1965 wurde der Historiker von der Akademie der Wissenschaften an die Berliner Humboldt-Universität versetzt. Dort erschloss er sich seinen Forschungsgegenstand: die Verfolgung und Ermordung der deutschen und der europäischen Juden durch die Nazis. Das erste Ergebnis seiner Untersuchungen war seine Habilitationsschrift 1973.
Der produktive marxistische Faschismusforscher wurde zu einem ausgewiesenen, international anerkannten Fachmann. An der Humboldt-Universität hatte er bis Ende 1990 den Lehrstuhl für deutsche Geschichte inne. Mit dem Ende der DDR und der Zerschlagung ihres Wissenschaftssystems wurde dafür gesorgt, dass die marxistischen Positionen auch in der Geschichtswissenschaft ausgegrenzt und ihre Vertreter aus Forschung und Lehre verbannt wurden.
Pätzold sah manches in der DDR und der SED sehr kritisch, aber nie einen Grund dem Sozialismus und dem Marxismus abzuschwören.
Nina Hager (Jahrgang 1950), Prof. Dr., ist Wissenschaftsphilosophin und Journalistin
Hager studierte von 1969 bis 1973 Physik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Abschluss als Diplom-Physikerin wechselte sie in das Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR und arbeite bis zur Schließung des Institutes Ende 1991 im Bereich philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung. Sie promovierte 1976 und verteidigte ihre Habilitationsschrift im Jahr 1987. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt. Von 1996 bis 2006 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung, von 2006 bis 2016 im Parteivorstand der DKP sowie für die UZ, deren Chefredakteurin Hager von 2012 bis 2016 war.
Nina Hager trat 1968 in die SED, 1992 in die DKP ein, war seit 1996 Mitglied des Parteivorstandes und von 2000 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende der DKP.
Hager ist Mitherausgeberin, Redaktionsmitglied und Autorin der Marxistischen Blätter, Mitglied der Marx-Engels-Stiftung und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.