Rollback-Politik oder Frieden und Sicherheit für Europa

Krimkonferenz und Europa

Befreiung Episode 3

Zum Abschluss der Krimkonferenz im Februar 1945 haben die damaligen Alliierten auch eine „Erklärung über das befreite Europa“ verabschiedet. Diese Erklärung sah eine „Gleichschaltung der Politik der drei Mächte“ und ein „gemeinsames Vorgehen bei der Lösung der politischen und wirtschaftlichen Probleme des befreiten Europas auf demokratischer Grundlage“ vor.

Dabei ging die Sowjetunion davon aus, in der Erklärung das Recht aller vom Faschismus befreiten Völker zu verankern, „die letzten Spuren des Nationalsozialismus und Faschismus zu beseitigen und demokratische Einrichtungen nach Wahl zu schaffen“. Das Ziel bestand also darin, die Völker Europas in der Fortsetzung ihres gerechten Kampfes um Freiheit und Unabhängigkeit unter den neuen Bedingungen zu unterstützen.

Unter dem gegebenen Kräfteverhältnis stimmten auch die Vertreter der USA und Großbritanniens dieser Erklärung zu. Ihre praktischen politischen Schritte standen auch in dieser Frage in Widerspruch zu den gemeinsamen Festlegungen. In den von ihnen besetzten Ländern (Italien, Frankreich, Niederlande, Luxemburg und Griechenland) unterdrückten die USA und England das Streben der Massen, den antifaschistischen Befreiungskampf in demokratischen Maßnahmen zu materialisieren.

Restauration war ihr Ziel
Auch in den befreiten Staaten Ost-und Mitteleuropas sollte alles beim Alten bleiben. Ein scharfer politischer Streit entbrannte zum Beispiel um die Entwicklung in Polen. Die USA und England wollten die Londoner Emigrantenregierung als einzige polnische Vertretung anerkennen. Sie gingen einfach über die im Befreiungskampf an der Seite der Sowjetunion gebildete demokratische polnische Nationalregierung hinweg.

Während der Verhandlungen einigte man sich auf die Bildung einer Koalitionsregierung. Aber die USA und England wollten auch diese nur auf der Grundlage der Londoner Exilregierung bilden, was die Wirklichkeit im Befreiungskampf auf den Kopf gestellt hätte. Aufgrund der Haltung der Sowjetunion waren die Versuche der Westmächte gescheitert, in Polen eine reaktionäre Regierung unter Mikolajczyk, der später mit Hilfe der USA-Botschaft Polen verließ, zu bilden. Schließlich wurde beschlossen, die bestehende provisorische Regierung als Grundlage für die zu bildende Regierung Polens zu betrachten und sie „unter Hinzuziehung von demokratischen Führern aus Polen selbst und von Polen im Ausland umzubilden“.

Dieser Konflikt, der die damaligen Verhältnisse in Europa veranschaulicht, wirkt bis in die Politik im gegenwärtigen Polen hinein. In Verfälschung der historischen Wahrheit wird die Londoner Exilregierung als die legitime Vertretung dargestellt. Die aus dem Befreiungskampf gegen den Faschismus hervorgegangene volksdemokratische Regierung wird in den Positionierungen der heute Regierenden und in der Geschichtsbetrachtung einfach als nicht existent übergangen.

Die Angst der Westmächte vor einer volksdemokratischen Entwicklung wurde so zur Ursache für die Propagierung eines Feindbildes, dessen Grundkonzeption im Wiederbeleben des seit 1917 betriebenen Antikommunismus und Antisowjetismus bestand. Es passte sich zugleich nahtlos in die Eindämmungs- und Rollback-Politik der USA und Großbritanniens ein, die in einer ersten Etappe die volksdemokratische Entwicklung in Osteuropa stoppen und den Einfluss der UdSSR zurückdrängen sollte, um die Niederlage des Faschismus und den opferreichen Kampf der Sowjetunion zu nutzen, um die eigene Herrschaft in ganz Europa dauerhaft zu etablieren.

Frieden und Sicherheit in Europa
Die Sowjetunion dagegen folgte in allen Verhandlungen mit ihren Alliierten ihrem schon vor dem Krieg entwickelten Konzept, in Europa Frieden und Sicherheit durch Zusammenarbeit zu schaffen. Schon im Dezember 1933 fasste das ZK der KPdSU einen Beschluss über die Entfaltung des Kampfes für kollektive Sicherheit. Darin war unter anderem der Abschluss eines Regionalpaktes zur gegenseitigen Verteidigung im Falle einer Aggression durch einen beliebigen Staat vorgesehen.

Ein Teil des kollektiven Sicherheitssystems sollte auch sein, dass die starken Staaten ihren schwächeren Nachbarn deren Sicherheit garantieren. Die Verwirklichung der Vorschläge hätte schon zur Verhinderung der Wiederaufrüstung Deutschlands sowie des Münchener Abkommens mit Nazideutschland (1938) beitragen können. Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag (1939) wäre nicht notwendig geworden. Sogar der zweite Weltkrieg war so nicht unvermeidlich!

Dieses Konzept lag auch den Verhandlungen der UdSSR mit den Westmächten im und nach dem zweiten Weltkrieg zugrunde. Es entsprach der Hoffnung der Völker Europas, nach den Leiden des Krieges eine stabile Periode des Friedens zu gestalten. Es floss ein in die Charta der Vereinten Nationen: „künftige Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren“ und „zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu ergreifen, um Bedrohungen des Friedens vorzubeugen und zu beseitigen“.

Der Begriff „kollektiv“ bedeutet, dass gemeinsam vereinbarte und gemeinsam realisierbare Maßnahmen mehrerer Staaten verlangt werden. Der Ausdruck „vorzubeugen“ ist mit der Forderung und der Notwendigkeit der Prävention identisch. Das bedeutet, das neue Völkerrecht, dessen allgemeindemokratischer Charakter die UNO-Charta charakterisiert, wirkt antiimperialistisch, da es die dem Imperialismus innewohnende Kriegstreiberei eindämmt – im Unterschied zum alten Recht des Völkerbundes, das vor allem eine repressive Funktion hatte.

Vor allem darum geht es auch heute in den internationalen Beziehungen und nicht darum, „Werte“ oder „unsere Werte“ (Merkel) durchzusetzen, was nichts anderes bedeutet, als die einst progressiven Normen des sich herausbildenden Kapitalismus einfach in den Dienst imperialistischer Ziele zu stellen, diese Politik zu rechtfertigen.

Und schließlich lässt eine Analyse des Begriffs „Bedrohungen“ erkennen, dass nicht nur die Störung des Friedens verhütet werden soll, sondern schon seine Bedrohung!

Das waren Vorstellungen, von denen sich die Sowjetunion traditionell hat leiten lassen und die unter den neuen Bedingungen die Zusammenarbeit der Staaten und Völker auch in der Zeit nach dem Weltkrieg bestimmen sollte. So gestaltete internationale Beziehungen widersprachen aber der von Churchill und Truman eingeleiteten Politik des Antikommunismus und des Antisowjetismus. Deshalb wurde eine solche Politik von den USA und Großbritannien bewusst torpediert, wurde Deutschland gespalten und die NATO gegründet. Das heißt aber nicht, dass die Notwendigkeit einer solchen Politik nicht mehr bestehen würde. Es muss die Machbarkeit hergestellt werden!



… sind zu zerstören!

Am 19. März 1945 erließ Hitler den so genannten Nero-Befehl
In der für den deutschen Faschismus absolut ausweglosen Situation der Niederlage weitete Hitler die Politik der verbrannten Erde auf das gesamte Deutschland aus. Schon seit der Niederlage in Stalingrad und dem Rückzug aus den sowjetischen Gebieten hatte die Wehrmacht auf Befehl seit 1943 Arbeitskräfte, Lebensmittel, Rohstoffe und Anlagen systematisch zerstört.

Zum gleichen Zeitraum erreichten die Bombardierungen deutscher Städte durch die westlichen Alliierten einen Höhepunkt. Sie zielten von Anfang an auch darauf ab, die Moral der Zivilbevölkerung zu brechen. Exemplarisch dafür steht die Bombardierung Dresdens am 13./14. Februar 1945 durch drei aufeinanderfolgende Angriffe von insgesamt 3.300 Bombern der USA und Englands. Zur Relativierung dieses Aktes wird von bürgerlichen Historikern darauf hingewiesen, dass es kein singuläres Ereignis im Kriegsgeschehen war. Das stimmt. Aber es war auch keine durch den Krieg bedingte Notwendigkeit. Der Angriff war gegen Deutschland als Aggressor gerichtet, verfolgte allerdings ein weiteres Ziel: Politisch und ideologisch motiviert war er durch den aus den gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Verhältnissen der Herrschaft des Kapitals resultierenden Antisowjetismus und Antikommunismus. Es sollte verhindert werden, dass die Sowjetarmee, die nur 100 Kilometer entfernt war, in eine intakte Großstadt einzieht und die Bevölkerung nach der Befreiung in einer solchen Stadt sofort mit dem politischen und gesellschaftlichen Neuaufbau beginnen kann.

Der britische Premier Churchill gestand ein: „Die Zerstörung Dresdens bleibt ein ernster Kritikpunkt gegen die Durchführung der alliierten Bombardierungen. (…) Ich denke, dass eine genauere Konzentration auf militärische Ziele wie Öl und Kommunikation hinter der direkten Kriegszone nötig ist, im Gegensatz zu bloßen Terrorakten und mutwilliger Zerstörung, wie beeindruckend diese auch sein mögen.“

Erfunden hatten diese Form der Kriegführung allerdings die deutschen Faschisten. Mit der Bombardierung der Stadt Guernica 1937 zeigten sie die Menschenverachtung der imperialistischen Schergen.

Bis heute versuchen bürgerliche Historiker die teilweise systematisch geplanten Kriegsverbrechen des Imperialismus durch antikommunistische Diffamierung der Roten Armee zu verbergen. Kriegsverbrechen gab es durch alle kriegführenden Armeen. Es lassen sich allerdings keine entsprechenden Befehle der sowjetischen Führung finden. Im Gegenteil: „Offiziere und Rotarmisten aller Truppen! Wir gehen jetzt ins feindliche Land. Von jedem wird Selbstbeherrschung verlangt, jeder hat tapfer zu sein, wie es einem Kämpfer der Roten Armee gebührt. Die auf von uns besetztem Gebiet zurückgebliebene Bevölkerung, unabhängig davon, ob es Deutsche, Tschechen oder Polen sind, soll nicht belästigt und nicht beleidigt werden, denn die Schuldigen werden nach Kriegsgesetzen bestraft. Im besetzten Feindgebiet darf kein intimer Verkehr mit Frauen stattfinden. Für Misshandlungen und Vergewaltigungen werden die Schuldigen erschossen.“

BB und AL

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"Krimkonferenz und Europa", UZ vom 20. März 2020



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