EU will weiter Waffen liefern

Massaker in Gaza

Mehr als hundert Menschen sind am Donnerstag vergangener Woche in Gaza getötet worden, als sie versuchten, an Hilfsgüter eines Konvois zu gelangen. Israelische Soldaten hatten in die Menge geschossen. Mehrere hundert Menschen sind verletzt worden.

Schuld sollen laut israelischer Armee die Menschen selbst sein. In der Menge seien die meisten Opfer zertrampelt oder überfahren worden, nur „in begrenztem Umfang“ sei geschossen worden – die Soldaten hätten die Menschen als Bedrohung empfunden. Dass sie direkte Ursache der verzweifelten Suche nach Nahrung sind, erwähnten die Sprecher der Armee nicht. Seit Oktober vergangenen Jahres wird Gaza permanent bombardiert, der Küstenstreifen ist komplett abgeriegelt, Hilfslieferungen kommen kaum durch. Laut Informationen der Gesundheitsbehörde sind seit Kriegsbeginn mehr als 30.000 Menschen getötet und mehr als 71.000 verletzt worden. Auch nach dem Massaker hat Israel seine Angriffe fortgesetzt.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betonte die Rolle, die die mangelhafte Versorgung Gazas bei den Ereignissen am Donnerstag spielte. Die Menschen seien so verzweifelt, dass sie auf der Suche nach Nahrung und Wasser ihr Leben riskieren. „Das ist das echte Drama, das ist hier die echte Katastrophe“, so WHO-Sprecher Christian Lindmeier.

International wurde das Massaker scharf verurteilt. Gustavo Petro, Präsident Kolumbiens, entschied umgehend, keine Waffen aus israelischer Produktion mehr zu kaufen. Beim Anstehen um Lebensmittel seien mehr als 100 Palästinenser „von Netanjahu“ getötet worden, schrieb er auf „X“. „Das ist Völkermord und erinnert an den Holocaust, auch wenn die Weltmächte das nicht wahrhaben wollen.“

China äußerte sich „schockiert“ und verurteile den Vorfall, so Außenministeriumssprecherin Mao Ning. Die Volksrepublik fordere alle Seiten und besonders Israel auf, sofort das Feuer einzustellen und den Krieg zu beenden. Die Sicherheit von Zivilisten müsse gewahrt und eine noch ernstere humanitäre Katastrophe vermieden werden, so Mao.

Für Südafrika ist „diese jüngste Greueltat … ein weiterer Bruch des Völkerrechts und ein Verstoß gegen die verbindlichen vorläufigen Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH)“. Dieser hatte Israel nach einer Klage Südafrikas dazu aufgefordert, das Leben von Zivilisten in Gaza zu schützen. Trotz gegenteiliger Beteuerungen hat Israel daran offensichtlich kein Interesse.

Das stellten bereits am Dienstag vergangener Woche auch Vertreter der Vereinten Nationen vor dem UN-Sicherheitsrat fest. Ein Viertel der Bevölkerung Gazas sei „nur einen Schritt“ von einer Hungersnot entfernt. Der Stellvertretende Exekutivdirektor der Welternährungsprogramms, Carl Skau, stellte fest, in Gaza herrsche „die weltweit schlimmste Unterernährung bei Kindern“. Durch die israelischen Angriffe und die Blockade Gazas sei man nicht in der Lage, die dringend benötigte Hilfe zu liefern.

Das israelische Kriegskabinett hat die Ankündigung Itamar Ben-Gvirs und anderer ultrarechter Politiker aus dem Oktober umgesetzt: Gaza und den Menschen in dem Küstenstreifen Lebensmittel, Wasser und Treibstoff zu entziehen. Oder anders formuliert: Hunger als Waffe einzusetzen. Ein Kriegsverbrechen.

Das ficht die EU natürlich nicht an. Am Mittwoch vergangener Woche stimmte das EU-Parlament über einen Antrag der Linksfraktion (GUE/NGL) ab, der ein Ende der Waffenlieferung an Israel forderte. 393 von 534 Abgeordneten stimmten gegen ein Waffenembargo. Der Völkermord hat in der EU weiter Unterstützung.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Massaker in Gaza", UZ vom 8. März 2024



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