Ermittlungen und Hausdurchsuchung bei Rudolph Bauer – Strafbefehl wegen Bildmontage

Maulkorb für Künstler

Nach wie vor ist unser Autor Rudolph Bauer nicht über sein Mobiltelefon erreichbar. Am 10. August hatte in aller Frühe der Staatsschutz bei dem 84-Jährigen geklingelt, Vorwurf „Volksverhetzung“ und „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“.

Bauer, emeritierter Professor für Wohlfahrtspolitik und Soziale Dienstleistungen aus Bremen, ist seit Jahren auch als Autor und Bildender Künstler tätig. Er beschäftigt sich vor allem mit Bildmontagen, die er auf seinem Instagram-Kanal @bauerrudolph verbreitet. Teilweise wurden sie vom pad-Verlag veröffentlicht. Unter den hunderten Montagen missfielen der baden-württembergischen „Meldestelle gegen Hetze im Netz“ vier derart, dass sie sich an die Behörden wandte. Landeskriminal- sowie Bundeskriminalamt nahmen die Ermittlungen gegen die politischen Kunst auf und schickten dem Künstler die Polizei ins Haus. Smartphone und fünf Hefte mit den gedruckten Werken Bauers wurden beschlagnahmt, Bauers Bibliothek mit vorwiegend wissenschaftlicher Literatur fotografisch gesichert.

3905 Maulkorb Logo - Maulkorb für Künstler - Bundesverfassungsgericht, Justiz, Kunstarbeiter, Paragraph 130 StGB - Politik

Bauer soll für seine Kunstwerke, die sich gegen Militarisierung und Krieg als auch den Abbau demokratischer Rechte nicht nur im Zusammenhang mit den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie richten, belangt werden. Vorgeworfen wird ihm unter anderem die Verwendung von Symbolen des deutschen Faschismus. Sowohl im Zusammenhang mit den Kunstwerken als auch der Lebensleistung Bauers ist das ein ziemlich wackeliges Konstrukt. Der zweite Vorwurf bezieht sich auf den Ende vergangenen Jahres verschärften Paragraphen 130 des Strafgesetzbuches. Im Schnellverfahren hatte die Ampel-Koalition diesen neuen Maulkorbparagrafen geschaffen. Mit ihm können die Herrschenden alle verfolgen, die eine abweichende Meinung und Einschätzung zu kriegerischen Handlungen weltweit haben. Für die Verfolgung ist es nicht nötig, dass die Vereinten Nationen oder deren Sicherheitsrat ein Ereignis als Kriegsverbrechen eingestuft haben oder ob überhaupt irgendein Gericht bisher dazu entschieden hat. Das kann jetzt jeder Amtsrichter für sich entscheiden. Aus diesen Gründen haben der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele, die Stellvertretende Parteivorsitzende Wera Richter und der Jurist Ralf Hohmann Beschwerde gegen diesen Maulkorb beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Bauer wartet derweil weiter auf sein Telefon. Im Dezember steht er darüber hinaus für ein anderes Kunstwerk vor dem Kadi. Bauer wehrt sich gegen einen Strafbefehl des Amtsgericht Stuttgart wegen Beleidigung. Die Justizvollzugsanstalt in Stuttgart Stammheim soll in der Post eine Broschüre Bauers gefunden und sie an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach weitergeleitet haben. Auf Seite 12 empörte eine Montage Lauterbach derart, dass er klagte.

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Maulkorb für Künstler", UZ vom 29. September 2023



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