„Fridays for Future“ protestiert gegen „Nord Stream 2“

Mit Klima gegen Russland

Am Dienstag wollte die US-Regierung die ersten Sanktionen wegen des Baus der Gas-Pipeline „Nord Stream 2“ verhängen. Für die US-Interessen ist die Pipeline eine Bedrohung, weil durch sie russisches Erdgas einfach und sicher in die EU geliefert werden soll. Die USA machen kein Geheimnis daraus, dass ihr Widerstand gegen „Nord Stream 2“ ein Teil des großen geopolitischen Kampfes gegen Russland ist. Die deutschen Eliten streiten darüber, wie Deutschland sich in diesem Kampf positionieren soll – in der vergangenen Woche traten Klimaaktivisten an der Seite der Russland-Gegner auf.

„Putin ist kein Partner fürs Klima“, steht auf der Pappe, mit der Teresia Crone sich auf Instagram zeigt. Crone ist aktiv bei „Fridays for Future“ (FFF) und war Vorsitzende des „Rates für Umwelt und Nachhaltigkeit“ in Mecklenburg-Vorpommern. Diesen Rat hatte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) gebildet, um FFF-Aktive einzubinden. Nun ist Crone zurückgetreten – aus Protest gegen Schwesigs Kurs für „Nord Stream 2“.
Dabei geht es um eine Umweltstiftung, die der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern Anfang Januar auf den Weg gebracht hatte. Gegen diese Stiftung richtet sich Crones Protest. Die Stiftung soll die Möglichkeit bieten, Maschinen und Material für den Pipeline-Bau einzukaufen – und zwar so, dass die beteiligten Unternehmen nicht zum Ziel von US-Sanktionen werden. Auf diesem Weg sollen zwar auch Umweltprojekte mit Geld des russischen Energiekonzerns Gazprom und seiner Nord-Stream-2-AG gefördert werden. Die Pipeline ist allerdings die Hauptsache hinter der umweltpolitischen Verkleidung.

Als ostdeutsche Ministerpräsidentin und Sozialdemokratin gehört Schwesig zu den Politikern, die Konfrontation und Kooperation gegenüber Russland ausbalancieren wollen – sie stellen die NATO-Einkreisung nicht grundsätzlich in Frage, wollen aber gleichzeitig deutschen Konzernen ermöglichen, Geschäfte mit Russland zu machen. Der Streit darum wird auch innerhalb von SPD und CDU geführt, die Bundesregierung hatte sich darum bemüht, die Pipeline zu unterstützen, ohne den Konflikt mit den USA zuzuspitzen. Anfang Januar konnten nach längerer Pause wieder einige Rohre für die Pipeline verlegt werden, ob sie fertiggestellt werden kann, ist immer noch unklar. Klar gegen die Pipeline und für eine härtere Linie gegen Russland stehen die Grünen – und verkleiden ihre antirussische Haltung mit Argumenten für Klimaschutz.

Die grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckart, ließ über Twitter wissen, dass sie Schwesigs Projekt für eine „Mogelstiftung“ halte. „Nord Stream 2“ müsse gestoppt werden – es „ist ein geopolitischer Fehler“. Auch die Grüne-Parteivorsitzende Annalena Baerbock verkündete über die „Frankfurter Allgemeine“, dass Schwesigs Stiftung „ungeheuerlich“ sei – „nicht nur klimapolitisch, sondern vor allem geostrategisch“.

Tatsächlich spielt antirussische „Geopolitik“ die Hauptrolle: Die wirkliche Alternative zu russischem Erdgas wäre vor allem Fracking-Gas aus den USA, das für die Umwelt noch schädlicher ist. Die US-Sanktionen sollen diesem Gas einen Markt in Europa sichern. Für die Bevölkerung in Deutschland käme bei einem Erfolg der US-Drohungen nicht mehr Klimaschutz heraus, sondern vermutlich höhere Gaspreise und eine weitere Verschärfung der Spannungen mit Russland. Die FFF-Proteste der vergangenen Woche gegen „Nord Stream 2“ tragen nicht zum Klimaschutz bei. FFF ist als Anhängsel der Grünen aufgetreten.

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"Mit Klima gegen Russland", UZ vom 22. Januar 2021



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