NATO ohne Grenzen

Uli Brockmeyer zur Erweiterung des Kriegspakts

Pünktlich zu den ohnehin komplizierten Wahlen hat die NATO vor der staunenden Öffentlichkeit bekanntgegeben, dass Kolumbien als „Globaler Partner“ in das aggressivste Kriegsbündnis unserer Zeit eingegliedert werden soll. Ausgerechnet das Land, das trotz eines Friedensvertrages mit der bisherigen Guerrilla-Organisation FARC immer noch nicht zur Ruhe gekommen ist, in dem frühere Angehörige der FARC und deren Familien vom kolumbianischen Militär und von diversen Milizen weiterhin bedroht und bekämpft werden und wo es nicht gelingt, Friedensgespräche mit der Guerrilla ELN zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Die Präsidentschaftswahlen in Kolumbien waren und sind vor allem von der Frage geprägt, ob das Friedensabkommen mit den FARC Gültigkeit behalten oder schlicht gekündigt wird, wie es sich der Kandidat der Rechten auf die Fahnen geschrieben hat. Der bisherige Präsident Santos, der – im Unterschied zu den Unterhändlern der FARC und zum vermittelnden kubanischen Präsidenten Raúl Castro – für den Abschluss der Friedensgespräche einen Friedensnobelpreis eingeheimst hat, war ganz offenbar nicht willens, den Friedensgedanken der Gespräche von Havanna in seinem Land ausreichend Verbreitung finden zu lassen. So konnte es dann passieren, dass die Aktivisten der FARC trotz völliger Entwaffnung und Rückkehr ins zivile Leben von vielen Kolumbianern weiterhin als Feinde gesehen werden und deren Kandidaten für die Präsidentschaft und für das künftige Parlament sogar von staatlichen Einrichtungen an einem fairen Wahlkampf gehindert werden.

Im Fall von Venezuela führt allein der Vorwurf eines „unfairen Wahlkampfes“ dazu, dass sich die Reaktionäre dieser Welt zu einer Heiligen Allianz zusammenschließen und das gottlose Regime von Präsident Maduro mit Sanktionen überhäufen. Das liegt – einfach formuliert – daran, dass sich Maduro und die ihn unterstützenden politischen Kräfte partout nicht dem Diktat des Westens unterwerfen wollen. Kolumbien gehört zu den Ländern der sogenannten Lima-Gruppe, die aufgrund erfundener Wahlbetrugsvorwürfe ihre Botschafter aus Caracas abgezogen und die diplomatischen Beziehungen zu Venezuela herabgestuft haben.

In Kolumbien zeichnete sich seit einiger Zeit ab, dass der Kandidat der Rechten diese Präsidentschaftswahl für sich entscheiden wird, und er geht auch mit dem entsprechenden Vorsprung in die Stichwahl. Somit kann man in Washington und im Brüsseler NATO-Hauptquartier damit rechnen, dass aus der anfänglichen Annäherung zwischen Regierung und Ex-Rebellen keine wirkliche Zusammenarbeit wird, dass also das Land wieder vollständig auf USA- und NATO-Kurs gebracht werden kann. Und da erschien es den Chefs der NATO wohl überaus passend, Kolumbien im zeitlichen Zusammenhang mit den Wahlen offiziell in die Riege der „Globalen Partner“ aufzunehmen – auch als Hinweis an alle Wähler in Kolumbien, nicht vom rechten Weg abzukommen, im doppelten Sinne des Wortes.

Bisherige „Globale Partner“ sind übrigens solche Musterdemokratien wie Afghanistan und der Irak, oder auch Südkorea, wo ohne das Okay aus Washington keine Entscheidung getroffen wird. Aus Gründen der effektiveren weltweiten Präsenz des Kriegspaktes gehören dazu auch Australien, Japan, die Mongolei, Neuseeland und Pakistan. Auch deshalb sollen die Mitgliedstaaten des Paktes auf Kosten der Steuerzahler ihre Militärausgaben erhöhen – irgendjemand muss die Grenzenlosigkeit der NATO ja bezahlen.

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"NATO ohne Grenzen", UZ vom 1. Juni 2018



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