Arbeitsministerium legt Gesetzentwurf zur Änderung der „Arbeitnehmerüberlassung“ vor

Prinzip Missbrauch

Von Lars Mörking

Ein „Gesetzentwurf mit Mängeln“, so bewertet die IG Metall den vorlegten Entwurf zur gesetzlichen Regelung von Leiharbeit und Werkverträgen aus dem Bundesarbeitsministerium. Es sind aber nicht handwerkliche Mängel zu beklagen. Die hier zugrunde liegende Logik ist das Problem.

So heißt es in der Begründung zum Gesetz: „Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge sind wichtige Instrumente in einer arbeitsteiligen Wirtschaft. Arbeitnehmerüberlassung ist eine etablierte Form des flexiblen Personaleinsatzes. Sie hat in den letzten Jahren einen Beitrag dazu geleistet, Beschäftigungspotenziale in den Unternehmen zu erschließen. Mit Leiharbeit kann Wirtschaftswachstum schneller in mehr Beschäftigung umgesetzt werden.“

Entsprechend inkonsequent wird das Problem angegangen, „positive Beschäftigungswirkungen“ von Leiharbeit und Werkverträgen sollen durch eine gesetzliche Regelung nicht gefährdet werden.

Dabei ist bekannt, dass in der Praxis Lohndumping betrieben, reguläre Beschäftigung untergraben und Mitbestimmung ausgehöhlt wurden.

„Seit einigen Jahren stellen die Gewerkschaften fest, dass Werkverträge vermehrt benutzt werden, um Löhne zu drücken, Arbeitnehmerrechte zu unterlaufen und die Mitbestimmungsrechte der betrieblichen Interessenvertretungen auszuhebeln“, so steht es im DGB-Positionspapier „Werkverträge – Missbrauch stoppen“. Der hier wie im Gesetzentwurf angeprangerte und angeblich zu regelnde „Missbrauch“ ist aber nunmal der Kern der Sache. Deshalb ist die DKP-Forderung nach Verbot von Leiharbeit und Werkverträgen richtig. Denn Werkverträge sind fast immer ein Instrument zur Senkung von Löhnen und Verschlechterung von Arbeitsbedingungen. Nur dort, wo Gewerkschaften in den Betrieben gut verankert sind und der Arbeitskräftebedarf nachhaltig hoch ist, ist Betriebsräten die Durchsetzung der Übernahme von Leiharbeitern in die Stammbelegschaft gelungen. Unternehmen wälzen auch bei vollen Auftragsbüchern die Risiken von eigenen Managementfehlern, Krisen und einer anhaltenden, selbstverschuldeten schwächelnden Nachfrage auf die Leiharbeiter ab.

Die jetzt vorgelegten Einschränkungen durch Begrenzung der Leiharbeit auf 18 Monate, sowie eine schärfere Prüfung von Arbeitsverhältnissen bei Werkverträgen ist deshalb unzureichend, zumal gerade bei Werkverträgen die von Arbeitsministerin Nahles beworbene Ausweitung der Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte lediglich als Informationsrecht Eingang in den Gesetzentwurf gefunden hat. Mitbestimmung ist das nicht.

Positiv ist neben der Begrenzung der Verleihdauer auf 18 Monate vor allem die „Equal Pay“-Regelung nach neun Monaten. Die Gefahr besteht neben der mangelnden Prüfung der geleisteten Arbeit (und ggf. falscher Eingruppierung) jedoch in der zu befürchtenden Rotation, die Unternehmer praktizieren, um Leiharbeiter nicht in die Stammbelegschaft überführen zu müssen. Eine Grenze für die dauerhafte Besetzung von Arbeitsplätzen durch Leiharbeiter ist nämlich nicht vorgesehen. „Die Festlegung von Höchstüberlassungen regelt allenfalls den Wanderzirkus, den Leiharbeiter von Entleiher zu Entleiher erleiden müssen.“ sagte dazu der IG Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann.

Im Gesetzgebungsprozess haben sich unsere „Arbeitgeber“ bereits in Stellung gebracht, um – ähnlich wie beim Mindestlohn – jeglichen noch so kleinen Fortschritt aufzuweichen oder zu durchlöchern. Inkrafttreten soll das Gesetz Anfang 2017, das lässt Zeit für ein Jahr Medienkampagne gegen das Gesetz und fortgesetzte Lobbyarbeit im Hause Nahles.

Dringend verteidigt werden muss aus unserer Sicht die vorgesehene Festschreibung, dass Leiharbeiter im eingesetzten Betrieb nicht als Streikbrecher eingesetzt werden dürfen. Den dafür im Gesetzentwurf vorgesehenen Absatz werden wir noch gut gebrauchen können. Auch weil mit einem bedeutenden Rückgang von Leiharbeit durch den vorliegenden Gesetzentwurf nicht zu rechnen ist.

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Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

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"Prinzip Missbrauch", UZ vom 27. November 2015



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