Bundeswehr-Werber „feiern“ den Internationalen Frauentag

Rosa Rosen fürs Töten

Von Melina Deymann

Ein Screenshot aus dem Instagram-Kanal der Bundeswehr

Ein Screenshot aus dem Instagram-Kanal der Bundeswehr

Die für die Bundeswehr-Karriere-Werbung zuständige Agentur Castenow Communications hat sich unter dem Claim „Mach, was wirklich zählt“ schon viele Abartigkeiten zum Thema „Werben fürs Sterben“ ausgedacht.

Da waren zum Beispiel während der großen Entlastungstreiks im letzten Jahr die Ärzte, für die der Patient zählte und nicht der Profit. Davon, dass der Patient ein verwundeter Soldat oder eine verwundete Soldatin ist, war auf den Plakaten natürlich nicht die Rede.

Zum Internationalen Frauentag in diesem Jahr gab es nun einen weiteren Knaller: Am Brandenburger Tor verteilen Soldatinnen rosa Rosen an Passantinnen. „Als Zeichen der Wertschätzung“.

Die „Werben für‘s Sterben“- Webseite, auch bekannt als „bundeswehrkarriere.de“, ist zur Feier des Tages rosa bis knallpink statt tarnfarben und schreit einem entgegen: „ Internationaler Frauentag: Wir kämpfen für Freiheit, Sicherheit und GLEICHberechtigung.“ Was sich die Bundeswehr unter Gleichberechtigung vorstellt, wird auch gleich noch erklärt: „Frauen machen Bundeswehrkarriere. Im Eurofighter die Schallmauer durchbrechen? Mit eigenen Händen Panzer reparieren? Als Offizier ein ganzes U-Boot kommandieren? Natürlich – und noch viel mehr! Als Frau haben Sie in der Bundeswehr alle Möglichkeiten, Ihrer Berufung zu folgen und Ihre Karriereziele zu verwirklichen.“

Dass Frauen Karriere bei einer Armee machen, um dort einer wie auch immer gearteten „Berufung“ zu folgen, lag nun nicht im Sinne der Erfinderinnen des Internationalen Frauentags.

Zur Erinnerung, der wurde auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz 1910 in Kopenhagen auf Initiative von Clara Zetkin und Käte Duncker beschlossen und im Jahr darauf das erste Mal begangen. Nicht als Feiertag, sondern als Kampftag der Arbeiterklasse für das Frauenwahlrecht, gegen Ausbeutung und Krieg. Frauenwahlrecht haben wir, aber ansonsten sieht es noch finster aus.

Und die Bundeswehr will uns nun erzählen, dass es ein Beitrag zur Gleichberechtigung wäre, überall in der Welt (längst nicht mehr nur am Hindukusch) deutsche Interessen, also im Klartext Absatzmärkte und Zugang zu Rohstoffquellen, zu „verteidigen“. Dafür lohnt es sich doch zu töten und getötet zu werden!

„Über 20000 Frauen nutzen bereits heute die Gelegenheit, Führungsaufgaben zu übernehmen, auf Augenhöhe mit ihren männlichen Kameraden zu arbeiten und das zu machen, was wirklich zählt.“

Wirklich zählt also, sich Befehlen zu unterwerfen und andere weiter unten zu befehligen, in Mali, Afghanistan, Dschibuti und anderswo die Welt unsicher zu machen. Was wirklich zählt, ist mit permanenten sexuellen Belästigungen umzugehen. Denn dass das mit der Augenhöhe nicht so weit her ist, zeigten nicht zuletzt die hämischen Kommentare männlicher Soldaten zur Frauentags-Aktion auf dem Facebook- oder Instagram-Kanal von „bundeswehrkarriere.de“.

Zu ihrer Kampagne zur Bundeswehr als Arbeitgeber brüstet sich die Agentur Castenow auf ihrer Seite: „,Mach, was wirklich zählt.‘ positioniert die Bundeswehr als besonders sinnstiftenden und qualifizierenden Arbeitgeber.“

Wenn das alles sinnstiftend sein soll, möchte ich nicht wissen, was die Agentur für unsinnig hält.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Rosa Rosen fürs Töten", UZ vom 15. März 2019



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