Der 20. Parteitag der Portugiesischen KP

Tolerieren und Druck machen

Von Patrik Köbele

Unter dem Motto „Mit Arbeitern und Volk für Demokratie und Sozialismus“ stand der 20. Parteitag der Portugiesischen Kommunistischen Partei, zu dem sich über 1000 Delegierte vom 2. bis zum 4. Dezember in Almada trafen. Almada, eine Stadt, die der Hauptstadt Lissabon am Tejo gegenüber liegt, ist seit der Aprilrevolution 1974 eine rote Hochburg.

Überhaupt ist die Verteidigung der wenigen noch vorhandenen Errungenschaften der Nelkenrevolution und das Wachhalten der Erinnerung an diese Revolution eine Aufgabe, die die PCP als einen Eckpfeiler ihrer Strategie ansieht. „Es ist notwendig nicht zu vergessen, dass in Portugal die erste und bislang einzige Volksrevolution in Nachkriegseuropa stattfand, die, wenn auch unvollendet, große Veränderungen in der portugiesischen Gesellschaft bewirkt hat.“ So formulierte es Albano Nunes, Mitglied des Sekretariats des ZK der PCP, in einem vielbeachteten Beitrag zur Ideologie und Strategie der PCP.

In der Diskussion spielte die derzeitige Politik der Tolerierung einer Minderheitsregierung der Sozialistischen Partei (PS) durch die PCP eine zentrale Rolle. Immer wieder wurde betont, dass die Beseitigung der rechten Vorgängerregierung ein Ergebnis der Massenkämpfe war, an deren Organisierung die PCP großen Anteil gehabt hat. Und immer wieder wurde betont, dass es sich keinesfalls um eine Koalition, um eine „Linksregierung“, sondern eben um eine Tolerierung, d. h. um die Zustimmung zu Maßnahmen, die die Lage der arbeitenden Menschen und des Volkes verbessern, handeln würde. Dieses Thema durchzog auch das Eröffnungsreferat von Jerónimo de Sousa, dem wiedergewählten Generalsekretär der PCP.

Die dritte Kraft dieses Tolerierungskonzeptes, der sogenannte Linksblock (BE), spielte in den Diskussionen keine Rolle. In einem bilateralen Gespräch mit Carlos Gonçalves, Mitglied der politischen Kommission des ZK, wurden mir als Gründe genannt, dass der Linksblock in der Arbeiterklasse nicht verankert sei. Seine objektive Funktion bestehe in der Schwächung der PCP, in der derzeitigen portugiesischen Regierungskonstellation übernehme er mehr die Rolle eines Anhängsels der PS.

In dieser Konstellation und durch Druck der PCP konnten tatsächlich viele Einschnitte bei Löhnen und Gehältern, Arbeitszeit und sozialen Rechten, die die Vorgängerregierung gemeinsam mit der Troika und der EU durchgesetzt hatte, rückgängig gemacht werden. Die immer wieder benannte Liste der Maßnahmen ist tatsächlich beeindruckend – geschuldet sicher auch einer taktischen Situation, in der Troika und EU sich mit offenen Angriffen etwas zurückhalten. Meine Frage, ob die PCP, die Gewerkschaften und Organisationen der Interessenvertretung darauf eingestellt sind, dass sich diese Situation ändern könne, wurde mit Verweis auf die Fähigkeiten zur Massenmobilisierung vorsichtig bejaht.

Die PCP zeigte sich bei ihrem Parteitag als eine tief in der Arbeiterklasse und im Volk verankerte, junge, kämpferische und geschlossene Partei. Einheitlich wurden die ideologischen Grundlagen, der Marxismus-Leninismus, das Festhalten am Ziel des Sozialismus/Kommunismus und die im Programm der Partei definierte Strategie einer „fortschrittlichen Demokratie“ zur Heranführung an die sozialistische Revolution bekräftigt.

Bezüglich der EU-Mitgliedschaft Portugals wird keine endgültige Position formuliert, sondern die Losung „Schluss mit der Unterordnung unter EU und Euro“ ausgegeben.

Am Kongress nahmen über 60 internationale Delegationen, aus Deutschland die Partei „Die Linke“ und die DKP, teil. Das zeigt die internationale Wertschätzung, die die PCP genießt. Die Tradition des antikolonialen Kampfes der PCP im früheren kolonialen Portugal führte vor allem auch zu vielen Beziehungen zu Organisationen in Afrika, wie der MPLA (Angola) oder der Frelimo (Mosambik).

Es war ein beeindruckender Kongress einer beeindruckenden Schwesterpartei.

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"Tolerieren und Druck machen", UZ vom 16. Dezember 2016



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