VW-Zulieferer im Lieferstreik. 30 000 Beschäftigte waren betroffen.

Unfreiwillige Werksferien

Von Lars Mörking

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil bezeichnete es als „Lieferstreik“, was die Zulieferer ES Automobilguss und Car Trim im Streit mit Volkswagen in der letzten Woche veranstalteten und sah entsprechend den Rechtsstaat gefordert. Andernorts war man geneigt, den Konflikt zwischen gefühlt mittelständischen Zulieferern und einem Weltkonzern wie VW als einen Kampf „David gegen Goliath“ zu bezeichnen – so unter anderen die „taz“.

Der Kampf um Extraprofit zwischen VW und Zulieferern war bereits vor der „VW-Krise“ hart und kennt keine Anzeichen der Aufweichung. Gleichzeitig findet unter den Zulieferern schon seit längerem ein Zentralisationsprozess statt, der kleine Wettbewerber vom Markt verdrängte – übrigens durchaus eine Folge der brutalen Preispolitik der Automobilkonzerne.

Dass ein Streit mit Car Trim und Automobilguss bei Lieferstopp nötiger Teile unmittelbar Auswirkungen auf 30 000 VW-Arbeiter in sechs Werken hat, zeigt die enge Verflechtung zwischen VW und Zulieferunternehmen. Zudem haben die Produktionsausfälle weitere Zulieferer in Schwierigkeiten gebracht: „Die Folgewirkungen für die gesamte Wertschöpfungskette sind schon heute beträchtlich“, sagte Christoph Feldmann vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik BME. Wegen des Stillstands bei VW könnten die Firmen ihre Teile nicht ausliefern und müssten Bestände aufbauen. Allein an der Produktion des VW-Golf seien rund 500 Lieferanten beteiligt.

Diese Verzahnung von Zulieferern und Automobilherstellern ist jedoch bekannt. Ungewöhnlich ist, dass nun ein Streit um vermeintlich kleine Summen derart eskalierte, dass es überhaupt zu einem solchen Produktionsstopp kommen konnte. Das mag einerseits daran liegen, dass die hinter Car Trim und Automobilguss stehende Prevent-Gruppe gerade erst auf Einkaufstour war, sich entsprechend vergrößerte und nicht bereit ist, sich ihre Gewinnerwartungen von VW, Daimler oder anderen zurechtstutzen zu lassen. Zur Schärfe der Auseinandersetzung kann auf Seiten des VW-Konzerns aber auch beigetragen haben, dass es bei leichten Absatzschwächen durchaus gelegen kam, eine Chance auf fremdverschuldete Kurzarbeit zu nutzen.

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Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

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"Unfreiwillige Werksferien", UZ vom 26. August 2016



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