Syrien-Verhandlungen in Genf

Verlorene Opposition

Von Manfred Ziegler

Im April 2016 endeten die bisher letzten Verhandlungen zwischen der syrischen Regierung und der Opposition in Genf – ergebnislos. Am 23. Februar begann in Genf eine neue Runde und als der Sondergesandte der UN, de Mistura, das Treffen eröffnete, saßen Regierung und Opposition zum ersten Mal seit Jahren wieder in einem Raum. Ebenfalls zum ersten Mal war nicht nur die sogenannte Riad-Opposition im Raum, daneben saßen die Vertreter anderer Oppositionsgruppen wie z. B. die „Moskauer Opposition“ um Quadri Jamil.

Nicht nur zwischen Regierung und Opposition gibt es bisher keine Einigung in substantiellen Fragen, die Opposition selbst ist weit davon entfernt, eine einheitliche Verhandlungsdelegation zu bilden. Nach wie vor beharrt das in Riad ansässige „Hohe Verhandlungskomitee“ (HNC) darauf, die Verhandlungsdelegation zu bestimmen. Vertreter anderer Gruppen dürften sich nur als Teil dieser Delegation an den Verhandlungen beteiligen. Die Vertreter der „Moskauer“ und „Kairoer“ Opposition lehnen das ab. Nach den Entwicklungen der letzten Monate, der Befreiung Aleppos durch die syrische Armee und ihre Verbündeten und nach den Ergebnissen der Verhandlungen in Astana sind das nur noch theatralische Auftritte von Seiten des HNC.

Drei Viertel der syrischen Bevölkerung leben in Gebieten, in denen die Regierung im Rahmen des Möglichen Stabilität garantiert. Und trotz einzelner Rückschläge ist die Position der syrischen Regierung heute stärker als in der Vergangenheit. Die Herrschaft ultrakonservativer Dschihadisten und Terroristen in Damaskus? Ein Regime-Change ist weder militärisch noch politisch durchsetzbar.

Pünktlich zum Beginn der Verhandlungen erschütterten Bombenanschläge Homs und forderten unzählige Todesopfer. Die syrische Regierung verlangt nach wie vor eine einheitliche Verhandlungsdelegation der Opposition – die den Terrorismus ablehnt und auch den Anschlag von Homs verurteilt. Der Leiter der Verhandlungsdelegation der Regierung, al-Jaafari, erklärte dazu, die Anschläge würden eine klare Botschaft der Hintermänner der Terroristen schicken. Sie wollen, dass die Verhandlungen scheitern.

In Astana war ein Waffenstillstand vereinbart worden, der nach wie vor weitgehend hält. Trotz des generellen Waffenstillstands gehen die Kämpfe jedoch in bestimmten Gebieten weiter – weil der Waffenstillstand nicht gegenüber al-Nusra und IS gilt.

Es gibt weiterhin keine eindeutige Abgrenzung zwischen den bewaffneten Gruppen, die in Genf verhandeln und IS bzw. al-Nusra. Dies macht die Gespräche in Genf nicht einfacher. Der Unterschied zu früheren Gesprächsrunden ist jedoch: Die bewaffnete Opposition steht auf verlorenem Posten, solange die türkische Regierung die Ergebnisse von Astana unterstützt.

Selbst wenn die Opposition sich auf eine einheitliche Delegation einigt, werden (mindestens) monatelange Verhandlungen erwartet. Mittlerweile wurde ein Dokument des Sonderbeauftragten der UN, Staffan de Mistura, geleakt. Darin hat er technische Maßnahmen zur Gestaltung der Verhandlungen beschrieben – wie zum Beispiel die Vergabe von Rederechten und den zeitlichen Ablauf. Und er hat formuliert, welche drei „Pakete“ er für die ersten Verhandlungsrunden vorschlägt: Wie kann eine nicht sektiererische Regierung gestaltet sein, wie ist der Zeitplan bis zur Abstimmung einer neuen Verfassung und wie können faire und transparente Wahlen erreicht werden. Eine wichtige Aufgabe sieht de Mistura weiterhin darin, eine einheitliche Verhandlungsdelegation der Opposition zu erreichen.

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"Verlorene Opposition", UZ vom 3. März 2017



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