Zum EU-Austritt herrscht im britischen Parlament weiter eine Patt-Situation

Viel Lärm um den Brexit

Von Ben Lunn, Glasgow

Das Melodram um den Brexit eskaliert weiter und kommt zu keinem Abschluss. Boris Johnson setzte das Parlament aus und zwang es zu einer zweiwöchigen Pause. Dies wurde am Montag vom Obersten Gerichtshof für illegal erklärt. Viele Pro-EU-Elemente nutzten dies, um anzudeuten, dass die Vertagung des Parlaments ein „Putsch“ sei, um den Brexit gewaltsam durchzusetzen, unabhängig vom demokratischen Prozess. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Johnsons Taktik war, aber die Vermutung, dass es sich um einen „Putsch“ handelt, beleidigt nicht nur Nationen, die solche Ereignisse erlebt haben, sondern ist auch ungenau, da der Prozess unter Verwendung der derzeit existierenden demokratischen Mechanismen Britanniens durchgeführt wurde. Dies hätte zu jedem Zeitpunkt von jedem Premier getan werden können. Es passierte aber nicht, wohl weil die Gegenwehr so groß ist.

Mit der Erklärung, dass die Aussetzung des Parlaments rechtswidrig sei, wurde das Parlament umgehend zurückgerufen. Die einberufene Parlamentssitzung war ein ziemliches Spektakel voller Getöse und thespianischem Handeln, das jedem Othello würdig gewesen wäre. Boris Johnson und seine Verbündeten weigern sich, die „Drohung“ „No Deal“ fallen zu lassen, und alle gegnerischen Parteien weigern sich, der Regierung Wahlen zuzugestehen, bis „No Deal“ vom Tisch genommen wird. Beide Seiten fördern die Spaltung bis zu einem gewissen Grad aktiv, aber das Flirten der Tories mit rechtsextremen Gruppen ist wohl mit der größten Gefahr verbunden.

Für die britische Öffentlichkeit bedeutet die Pattsituation nur sehr wenig, da unser Leben weitergeht, doch unabhängig davon wird die Auswirkung eines „No Deals Brexits“ uns am meisten treffen. Das gegenwärtige Durcheinander wird als Begründung dafür herangezogen, warum wir den Austritt aus der EU aufgeben sollten; wenn das Parlament jedoch ein bisschen enthusiastischer auf die Wünsche der breiteren Öffentlichkeit und der Basisaktivisten eingegangen wäre, hätten wir die EU in einer für alle freundschaftlicheren Weise verlassen können.

Immer wieder rückt der Klassencharakter des Parlaments in den Vordergrund. Aufgrund der verschiedenen Vorteile, die ihre politische Klasse aus der EU-Mitgliedschaft zieht, war die Gefahr, diese zu verlieren, ständig ein Einflussfaktor auf die parlamentarische Reaktion auf den Austritt aus der EU.

Die Pattsituation ist ein gefährliches Spiel, denn die Rechtsextremen mobilisieren, die neoliberalen Elemente halten sich fest und diejenigen, die wie Corbyn die größte Wirkung erzielen könnten, beugen sich dem Druck der Parteien. Die Forderungen der Labour-Partei nach einer sofortigen Staatsbürgerschaft für alle in Britannien lebenden EU-Bürger sind ein gutes Beispiel dafür, wie der Austritt aus der EU auf nicht-rassistische Weise erfolgen kann. Doch zu lange waren die breite Linke und die liberale Linke in der Frage „Sind die Brexit-Wähler rassistisch?“ zu gespalten, viele Elemente haben versucht, die Demokratie zu untergraben, anstatt auf einen Brexit zu drängen, der für das britische Volk verträglicher ist.

Immer wieder hat die Kommunistische Partei Britanniens zu einem Brexit aufgerufen, der den Arbeitern zugute kommt. Die EU ist ein Organ, das ausschließlich für die kapitalistische Klasse und die Sparpolitik existiert. Das jüngste antikommunistische Gesetz zeigt, wie wenig sich die EU für den Kampf der Arbeiter interessiert. Der widersprüchliche Einfluss, dem das britische Volk unter der Misswirtschaft dieser Regierung und dieses Parlaments ausgesetzt ist, bedeutet, dass wir einen gefährlichen Weg vor uns haben. Es ist schwer zu sagen, wo wir in einem Monat sein werden, aber unsere Haltung bleibt die gleiche: Die EU verlassen, eine fortschrittliche Regierung wählen, die den Schrecken der Sparpolitik entgegenwirkt und die fortschrittlichen Ideen fördert, die die Arbeiter brauchen.

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"Viel Lärm um den Brexit", UZ vom 4. Oktober 2019



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